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Wenn ein Baby zu früh geht – wie der Familie begegnen?

Tot- und Fehlgeburten sind in unserer Gesellschaft immer noch ein Tabuthema. Leider. Auf unserem Blog geben wir viele Tipps, die euch bei eurer Schwangerschaft unterstützen. Ebenso wichtig finden wir es, das Thema Tot- und Fehlgeburten anzusprechen. Denn viele Eltern haben Hemmungen, über den Verlust zu sprechen und Angehörige wissen zum Teil nicht, wie sie helfen können. Die Hebamme Franziska Maurer weiß Rat.

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Der Verlust eines Kindes ist eine heftige Erschütterung für die ganze Familie. Wie können Angehörige oder enge Freunde in dieser Situation unterstützen? 

In dieser Familie ist ein Kind auf die Welt gekommen – das gilt es zu würdigen. Die Eltern erleben intensive Gefühle und Schmerz durch seinen Tod, deswegen ist der respektvolle und behutsame Umgang mit der betroffenen Familie wichtig. Aus Unsicherheit und Überforderung weichen manche Mitmenschen aus und vermeiden das Thema, weil sie nichts falsch machen wollen. Hier lautet mein Appell: Leistet der betroffenen Familie Beistand und signalisiert, dass ihr für sie da seid. Wie mit der Intensität und dem Schmerz umgegangen wird, ist von Familie zu Familie unterschiedlich – aber das Bewusstsein zu schaffen, dass jemand die Trauerfamilie wahrnimmt und unterstützt, ist eine erste und wichtige Hilfe. Die Anerkennung des geborenen und verstorbenen Kindes ist dabei zentral.

Wie können Eltern und Geschwister den Schmerz bewältigen und ohne das verstorbene Kind weiterleben? 

Hier ist es wichtig, das ganze Geschehen nicht auf „Trauerarbeit“ zu reduzieren. Die Situation der Familie ist von einem tiefen Schmerz geprägt. Hinzu kommen auch viele andere Gefühle: Ein tiefes Berührtsein von ihrem Kind, vielleicht Stolz, dass es da ist und zu ihrer Familie gehört. Der Tod des Kindes bedeutet nicht, dass sie im ganzen weiteren Leben mit einer schweren Belastung zu tun haben. Ich erlebe immer wieder, wie Familien gestärkt und gereift aus dieser tiefen Erfahrung hervorgehen. Dieser Prozess braucht jedoch Zeit und Anerkennung für alle Gefühle. Das gilt auch für Geschwisterkinder. Die Eltern sollten ihre Trauer und Gefühle gegenüber ihren Kindern ansprechen und gleichzeitig zeigen, dass sie trotzem für sie da sind. Und den Kindern helfen, dass diese mit ihren eigenen Gefühlen zurechtkommen. Sie sind vielleicht gar nicht traurig – dann darf ihnen nichts übergestülpt werden. Sie lernen gerade, dass der Tod zum Leben gehört und Menschen unterschiedlich damit umgehen. Hier können Angehörige auch einen hilfreichen Beitrag leisten: Wenn den Eltern alles zu viel wird, ist es hilfreich, dass die Geschwisterkinder vielleicht mal einen „ganz normalen“ Tag mit anderen vertrauten Menschen erleben.

Was passiert nach der Geburt eines toten Kindes im Mutterleib?

Grundsätzlich gehe ich als Hebamme davon aus, dass da eine Frau ist, die ein Kind geboren hat und versorge sie entsprechend. Sie ist eine Wöchnerin. Auch der Mutterleib war entsprechend vorbereitet auf ein Kind. Es folgt nun die Wochenbettzeit, die ca. 8 Wochen dauert. Aber natürlich reagiert der Körper der Frau hier anders und fordert einen anderen Umgang. So versiegt der Milchfluss zum Beispiel nach ein paar Tagen ganz natürlich, weil kein Kind trinkt. Die Gebärmutter bildet sich vielleicht etwas langsamer zurück. Und die Mutter braucht Zeit, sich zurecht zu finden in ihrer stark veränderten Lebensrealität.

Was passiert mit dem toten Baby und was muss organsiert werden?

In Deutschland wird jedes verstorbene Baby, das bei der Geburt 500 Gramm wiegt oder nach 24 Schwangerschaftswochen zur Welt kommt, ins Personenstandsregister eingetragen. Das bedeutet, dass das Kind als Leichnam gilt und alle Rechte und Pflichten bezüglich der Bestattung gelten wie bei einem erwachsenen Verstorbenen. Hier sind die Vorgaben von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich. Ich empfehle allen Familien, gut zu schauen, dass sie nichts übereilen und die maximale Zeit nutzen, um in Ruhe das Kind zu begrüßen und zu verabschieden.

Was steht den Eltern rechtlich zu?

Bei einer Fehlgeburt und nach der Geburt eines toten Kindes kann die Mutter die Betreuung durch eine Hebamme in Anspruch nehmen. Darüber hinaus hat die Mutter ab der 24. Woche Anrecht auf Mutterschutz. Stirbt das Baby vorher, kann die Mutter sich für die Erholungszeit krankschreiben lassen. Unabhängig von der rechtlichen Grundlage empfehle ich, die „normalen“ Angebote zu nutzen, die nach der Geburt eines Kindes und bei einem Todesfall zur Verfügung stehen. Also Wochenbettbetreuung durch die Hebamme, Begleitung durch Bestatter:innen und Seelsorger:innen. Dadurch wird auch deutlich, dass in dieser Familie ein Kind auf die Welt gekommen ist. Und gestorben ist.

Ein abschließender Rat

Was vielen Familien gut tut, ist aufrichtiges Mitgefühl und die Anerkennung ihres Kindes. Statt „tröstender Worte“ mutig immer wieder vom verstorbenen Kind sprechen. Ganz praktisch kann auch das Angebot für Mithilfe im Haushalt sein oder vielleicht eine Auszeit mit den Kindern zu verbringen. Wichtig ist, den individuellen Umgang der Familien mit Schmerz und Trauer zu respektieren und zu akzeptieren.

Franziska Maurer

Franziska Maurer ist Hebamme, Therapeutin, Dozentin und Autorin. Sie ist als Dozentin im ganzen deutschsprachigen Raum tätig und arbeitet in ihrer eigenen Praxis in Bern. Schwerpunkt ist die Begleitung von Eltern in Krisensituationen.

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Evi Knoth

ein wunderbarer Beitrag zu einem Thema, über das nicht gern gesprochen wird, weil man oft nicht weiß, was man sagen oder reagieren soll. Worte für etwas unfassbares zu finden, ist nicht einfach. Aber - man sollte sich trauen!
Es gibt auch ein Netzwerk von Fotografinnen und Fotografen, die "Sternenkinder" fotografieren.


Susanne

Danke für diesen Beitrag. Und für Betroffene kann der Austausch mit ebenfalls Betroffene hilfreich sein. Zum Beispiel in Foren wie www.fehlgeburt.info


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