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Über den Umgang mit Zucker

Zum Kaffee, abends auf dem Sofa, im Sommer oder Winter: Für mich passt ein Stück Schokolade eigentlich immer. Aber ich bin eine bekennende Schokoholikerin und bei mir werden schnell mal zwei oder drei Stücke draus oder auch die ganze Tafel! Nicht sehr vorbildlich. Ich habe zwar keine Kinder, aber ich frage mich dann schon, wie man da seinen Kindern einen guten Umgang mit Zucker beibringen soll? Bei uns in der WALA gibt es dazu viele Meinungen: vom totalen Zuckerverzicht über „gesunde“ Zuckerarten wie Rohr- oder Fruchtzucker bis hin zu einem eher lockeren Umgang mit dem Thema.  Aber was ist der beste Weg? Und ist Zucker eigentlich wirklich so schlimm? Ich hole mir jetzt einfach guten Rat von Frau Dr. Kühne vom Arbeitskreis für Ernährungsforschung in Bad Vilbel. Sie hat sich in ihrem neuen Buch „Der Umgang mit dem Süßen“ intensiv mit diesem Thema auseinandergesetzt. Also, macht’s euch bequem – vielleicht sogar mit einem Stück Schoki - und erfahrt jetzt alles zum Thema Zucker.

„Mein Interview mit Frau Dr. Petra Kühne war sehr interessant und hinterher habe ich gleich mal meinen Kühlschrank unter die Lupe genommen. Frau Dr. Kühne ist Diplom-Trophologin und Vorstandsvorsitzende des Arbeitskreises für Ernährungsforschung e. V.“

Interview

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Frau Dr. Kühne, warum lieben Kinder eigentlich alles, was süß ist?

Weil sie den Geschmack schon von der Muttermilch kennen. Die Muttermilch liefert lebensnotwendige Kohlehydrate in Form von Milchzucker, deshalb schmeckt sie leicht süß – wenn auch lange nicht so süß wie Haushaltszucker. Außerdem ist Zucker sehr schnell verfügbar, der Körper merkt sofort: Da kommt Energie! Und er ist leicht verdaulich, sodass der Körper sich nicht sonderlich anstrengen muss.

Und was ist so schlimm an Zucker?

Gar nichts ist schlimm daran. Zucker versorgt das Gehirn direkt, das ist wichtig. Auch die Kohlenhydrate in einem Stück Brot tun das, aber bei reinem Zucker geht es sehr viel schneller. Das Problem am Zucker ist nur die Menge, die wir täglich zu uns nehmen. Früher gab es gar nicht so viel Süßes, Früchte und Beeren standen ja nur im Sommer und Herbst zur Verfügung, und wenn man auch in den anderen Monaten etwas Süßes essen wollte, hat man zum Beispiel Pflaumenmus eingekocht. Zucker – und damit auch Marmeladen – gibt es erst seit ca. 150 Jahren.

Heute ist Zucker immer und überall verfügbar. Und da er relativ billig ist, wird er auch in vielen Produkten eingesetzt. Wir sind deshalb sehr an den süßen Geschmack gewöhnt und nehmen täglich viel zu viel Zucker zu uns, bei Erwachsenen sind es im Schnitt 100 g am Tag. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung toleriert die Hälfte davon, die WHO empfiehlt sogar nur ein Viertel dieser Menge.

Was genau treibt unseren Zuckerkonsum denn so in die Höhe?

Den größten Anteil an unserem Zuckerverbrauch haben gesüßte Getränke wie Cola und Limonaden. Ein 200-ml-Glas Cola enthält zum Beispiel 22 g Zucker, das entspricht in etwa dem von der WHO tolerierten Tagesbedarf eines Erwachsenen. Nur leider bleibt es ja nicht dabei, denn auch in vielen anderen Produkten ist Zucker versteckt, zum Beispiel in Ketchup oder Weißkrautsalat. Und dann gibt es natürlich noch die ganze Vielfalt an Schokoladen, Schokoriegeln und Kuchen. Die mögen wir so gerne, weil zum Beispiel in Schokolade das Zusammenspiel von Zucker und Fett uns ein Glücksgefühl schenkt und unsere Seele streichelt. Das hat etwas mit unserem Serotoninspiegel zu tun. Außerdem trickst Weißzucker unseren Stoffwechsel und unsere Sättigungsmechanismen aus, sodass wir schnell zu viel davon essen. Und wenn unsere Energie nachlässt, geben Süßigkeiten uns einen schnellen Energiekick, der allerdings ebenso schnell wieder nachlässt und dann eine Hungerattacke nach sich zieht.

Und was ist die Folge von zu hohem Zuckerkonsum?

Bei Kindern merkt man schnell, dass sie durch zu viel Zucker unruhig werden. Außerdem führt er zu einer Gewöhnung, wir werden seelisch abhängig davon. Dieser Prozess ist aber reversibel, wir müssen nur wieder eine Zeit lang auf Zucker verzichten. Schlimmere Folgen sind Übergewicht, Diabetes Typ II und Stoffwechselerkrankungen.

Was empfehlen Sie Eltern zum Umgang mit Zucker?

Ich halte es nicht für sinnvoll, wenn Eltern ihren Kindern Süßes generell verbieten. Oft führt das dazu, dass die Kinder besonders hemmungslos werden, wenn sie doch einmal eine Süßigkeit bekommen. Es geht eher darum, einen guten Umgang mit Zucker zu erlernen, und dafür eignen sich klare Regeln. Wenn das Kind zum Beispiel eine Tafel Schokolade geschenkt bekommt, könnte die Regel heißen, dass es jeden Nachmittag zwei Stück davon essen darf. Letztlich wirken Regeln aber nur, wenn auch die Erwachsenen sich daran halten. Sie müssen also Regeln finden, die auch zu ihnen passen. Und oft müssen sie sich dafür auch mit ihrer eigenen Ernährungsweise auseinandersetzen.

Ein selbstgebackener Kuchen oder selbstgemachte Energieriegel sind zum Beispiel etwas Schönes, aber sie sollten auch etwas Besonderes sein. Bei Getränken ist es ähnlich: Wenn Kinder täglich Wasser, Schorlen oder ungesüßte Früchtetees trinken, ist an besonderen Tagen gegen eine Limonade – am besten ohne künstliche Aromen – nichts einzuwenden. Schließlich leben die Kinder nun mal in dieser Welt, und da ist es gut, wenn sie lernen, mit solchen Dingen umzugehen. Auf Süßigkeiten mit künstlichen Aromen sollten Eltern allerdings so lange wie möglich verzichten, da sie den Geschmackssinn des Kindes abstumpfen lassen.

Wenn die Kinder erst einmal in der Pubertät sind, können die Eltern ihren Zuckerkonsum sowieso kaum noch steuern.  Aber wenn vorher eine gute Grundlage für eine gesunde Ernährung gelegt wurde, ist das kein Problem.

Wie können Eltern den Zuckerkonsum im Alltag reduzieren?

Wenn Eltern Regeln für den Umgang mit Zucker aufstellen, heißt das oft, sich erstmal mit dem eigenen Zuckerkonsum auseinanderzusetzen. Gut ist es zum Beispiel, sich einmal die Zutatenlisten der Produkte, die häufig gekauft werden, anzusehen: Wo steckt überall Zucker drin? Wieviel Zucker ist in unserer Marmelade oder in den Fruchtjoghurts, die wir täglich essen? Und gibt es Alternativen mit weniger Zucker?  Oft ist es nicht ganz leicht, die Zutatenliste zu verstehen, da es viele Sorten von Zucker gibt, die im Produkt unterschiedliche Aufgaben haben und auch unterschiedlich heißen. Dann schaut man am besten in die Nährwerttabelle, dort sind alle Zuckersorten in einem Posten zusammengefasst. Vorsichtig wäre ich allerdings mit Produkten, in denen der Zucker durch Zuckeralkohole oder Süßstoffe ersetzt wurde. Schlemmen ohne Reue – das klingt zwar verlockend, ist aber nicht unbedenklich. In Tierversuchen wurde nachgewiesen, dass Süßstoffe den Glucosestoffwechsel stören und die Darmflora durcheinanderbringen können. Besser ist es in jedem Fall, mit den süßen Verlockungen um uns herum umgehen zu können.

Gibt es auch gesunde Alternativen zum Zucker?

Ja, es gibt Alternativen zum Weißzucker, zum Beispiel Honig, Zuckerrübensirup, Ahornsirup, Agaven- und Obstdicksäfte. Die enthalten natürlich auch Zucker, aber im Gegensatz zum Weißzucker, der ja auch als „leere Energie“ bezeichnet wird, haben sie zusätzlich noch Aromen und Mineralstoffe, und dadurch wirken sie anders auf unseren Stoffwechsel. Die Aromen führen dazu, dass unser Sättigungsgefühl aktiviert wird und wir nach einer gewissen Menge einen Stopp-Impuls erhalten. Beim Kuchenbacken können Eltern einfach die im Rezept angegebene Zuckermenge reduzieren oder Vollrohrzucker verwenden. Der eignet sich wunderbar für dunkle Kuchen, zum Beispiel für eine Linzertorte.

Frau Dr. Kühne, ich danke Ihnen für das Interview!

Fazit: Wow, einige der Sachen, die Frau Dr. Kühne zum Thema Zucker erzählt hat, sind wirklich neu für mich. Zucker im Weißkrautsalat? Ich werde meinen Kühlschrank mal genau unter die Lupe nehmen. Aber auch bei diesem Thema kann ich allen gestressten Müttern und Vätern Entwarnung geben: Ihr müsst euren Kindern nicht alles verbieten – und euch selbst auch nicht! Ein paar Regeln und bewusstes Genießen wirken oft besser als totaler Verzicht. Und es gibt auch echt leckere Alternativen mit weniger Zucker, zum Beispiel selbstgemachtes Ketchup oder Kräuterlimonade. Da gönn ich mir doch glatt noch ein Stückchen von meiner Lieblingsschoki…

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