
„Artgerechter“ Babyschlaf: Wie schläft mein Baby besser? – Interview mit Nicola Schmidt
Babyschlaf ist ein großes Thema für viele Eltern – oft verbunden mit vielen (falschen) Erwartungen. Wie du dein Baby beim Babyschlaf unterstützt und was du selbst tun kannst? Das erfährst du in unserem Interview mit Nicola Schmidt. Wir sprachen mit ihr über Co-Regulation, Co-Sleeping und die Bedeutung von Ritualen und Rhythmen.
Zum Interview
Für viele Eltern ist es nicht einfach zu erkennen, wann das Baby müde ist. Wie äußern sich die ersten Anzeichen?
Typische Anzeichen dafür, dass ein Baby müde ist oder Schwierigkeiten hat, zur Ruhe zu kommen, sind unter anderem, wenn es den Blickkontakt vermeidet, unruhig wird, sich wegdreht oder nicht spielen möchte. Weitere Anzeichen sind, wenn das Baby sich an den Ohren zieht oder anfängt zu quengeln, was leider oft überhört wird. Das Augenreiben ist ein sehr spätes Zeichen, dann ist es bei manchen Babys schon zu spät, das Baby gut in den Schlaf zu bringen. Wenn wir diese Signale erkennen, können wir dem Baby im nächsten Schritt die Möglichkeit geben, zur Ruhe zu kommen und zu schlafen. Während Babys in den ersten Wochen problemlos immer und überall einschlafen, braucht ein wachsendes Gehirn später mehr Hilfe, um vom aufregenden Input-Modus in den Ruhemodus zu kommen.


Wenn ich diese Anzeichen erkannt habe, was hilft dabei, mein Baby beim Einschlafen zu unterstützen?
Viele Babys lieben und brauchen Körpernähe. Solchen Babys hilft es, wenn wir sie tragen und sie später wiegen oder sanft schaukeln. Andere Babys möchten lieber in Ruhe mit uns liegen und schlafen, wenn wir ihre Hand halten. Das ist das Schwierige am Schlaf: Es gibt nicht den einen richtigen Weg. Wir müssen herausfinden, wie das Zentralnervensystem dieses einen Babys am besten zur Ruhe kommt. Was auf jeden Fall hilft: Trocken, warm und satt zu sein. Und ein Erwachsener, der das Kind zur Ruhe bringen kann, weil er oder sie selbst ruhig ist. Es ist schwer, neben jemandem einzuschlafen, der seine To-Do-Liste im Kopf hoch und runter rattert.
Ein großes Stichwort beim Thema Babyschlaf ist die Co-Regulation, also dass unser Nervensystem das Nervensystem des Babys zur Ruhe bringt. Was hilft mir denn dabei, ruhig und geduldig zu bleiben und die Ruhe an mein Kind weiterzugeben?
Schwieriges Thema: Je entspannter ich bin, desto besser kann mein Baby entspannen, weil mein Zentralnervensystem es ihm quasi vormacht. Aber das ist natürlich gemein, denn oft sind wir erschöpft und gestresst, wir Eltern wollen einfach, dass das Kind schläft und dann zu entspannen ist nicht einfach. Was uns hilft: Langes Ausatmen und den eigenen Körper wahrnehmen. Das aktiviert unser Ruhesystem, was dem Baby Orientierung gibt. Das heißt nicht, dass es sofort einschläft. Aber es heißt, dass wir es ihm so einfach wie möglich machen. Eine sanfte, beruhigende Stimme vermittelt zusätzlich Sicherheit, und positive Selbstgespräche helfen Eltern, Stress abzubauen und ruhig zu bleiben.
Und wenn Eltern sagen, dass das nicht zu schaffen ist, haben sie Recht: Es ist alleine kaum zu schaffen. Wir brauchen ein Dorf, das uns hilft, dieses Kind großzuziehen und können uns vor allem als Paar hier unterstützen. Oft schläft das Baby nur mit einer Bezugsperson gut ein, dann ist es gut, wenn die andere Bezugsperson in der Zeit zum Beispiel den Haushalt übernimmt oder einfach Verständnis hat, wenn es länger dauert und wir mit dem Baby am Ende auch einschlafen.
Eltern fragen immer wieder: Wo soll mein Baby schlafen? Praktisch heißt die Frage: Wo kann ich es so ins Bett bringen, dass wir alle maximal viel Schlaf bekommen?
Babys schlafen am sichersten in der Nähe ihrer Eltern, kein Baby sollte in einem eigenen Zimmer schlafen. Babys, die in einem eigenen Zimmer schlafen, haben ein um 50 % erhöhtes Risiko für den plötzlichen Kindstod. Viel Eltern schlafen mit den Kindern nicht nur im gleichen Zimmer (Co-Sleeping), sondern, besonders, wenn das Baby gestillt wird, auch auf der gleichen Unterlage (Co-Bedding). Dies hat den Vorteil, dass das Baby vor allem nachts deutlich häufiger gestillt wird, was die SIDS-Gefahr weiter reduziert.

Hört man nicht immer, Babys sollten auf keinen Fall im Elternbett schlafen?
Stand der Forschung ist: Das Elternbett ist keine Gefahr an sich, es ist nur dann davon abzuraten, wenn Risikofaktoren vorliegen. Ein sicheres Elternbett ist für ein Baby ein sicherer Ort. Unsicher wird es vor allem, wenn das Baby in der Schwangerschaft Nikotin ausgesetzt war, wenn es sich um eine Frühgeburt oder ein sehr kleines Baby handelt, wenn die Eltern Drogen, Alkohol oder müde machende Medikamente zu sich genommen haben. Das Kind sollte in einem Bett ohne dicke Kissen, Decken oder Kuscheltiere, außerdem ohne Mütze, in einem eigenen Schlafsack und nicht neben Geschwistern, Haustieren oder einem nicht sorgenden Erwachsenen schlafen. Bei den meisten Familien sind das Selbstverständlichkeiten und dann darf das Baby auch dort schlafen, wo es für alle am besten ist.

Wie wichtig sind feste Rhythmen und Rituale? Haben Sie Beispiele?
Vielen Babys helfen nach den ersten Monaten der Orientierung in der Welt regelmäßige Schlafenszeiten, besonders wenn sie Schwierigkeiten mit dem Einschlafen haben. Rituale wie ein beruhigendes Bad, eine sanfte Massage, das Vorlesen einer Geschichte oder das Singen von Schlafliedern können nach Studienlage tatsächlich helfen, das Zentralnervensystem des Babys zu beruhigen und ihm so Sicherheit und Ruhe zu geben. Auch nachts sollten Babys nach Bedarf gestillt oder gefüttert werden, es wirkt sich positiv auf ihr Gehirnwachstum aus. Kein Baby sollte Schreien müssen, damit sich nachts jemand kümmert, daher schläft es am besten nah bei seinen Bezugspersonen.
Wie können der/die Partner:in eingebunden werden?
Eltern können sich einige der Rituale teilen: zum Beispiel das Baden oder Massieren des Babys. Stillkinder werden meist von der stillenden Person ins Bett gebracht und das ist auch okay so. Es ist kein langer Zeitraum, den sie uns so sehr brauchen, aber Einschlafstillen ist für viele Babys der beste Weg, um den Tag zu verarbeiten. Manche Babys lassen sich auch gut in den Schlaf tragen, was der oder die Partner:in wunderbar übernehmen kann. Wichtig ist hier, dass wir auf die Ressourcen aller achten: Wer 40 Stunden arbeitet, trifft mit dem Bedürfnis nach Feierabend oft auf eine Person, die 80 Stunden pro Woche arbeitet – denn das ist das, was ein Baby braucht. Allein das Stillen eines Säuglings ist ein Vollzeitjob. Daher dürfen wir hier realistisch auf die Aufgabenverteilung schauen: Wenn ich nach 8 Stunden Arbeit nach Hause komme, warten noch 4 Stunden Care-Arbeit auf mich, damit die Last auf beide Elternteile gleichermaßen verteilt ist.
Frühling – der ungestüme Freund
Kaum eine Jahreszeit lädt uns so herzlich ein, sie mit allen Sinnen zu erleben wie der Frühling. Picknick im Grünen, Osterbasteleien im Kindergarten. Wie gut es tut, nach der Dunkelheit und Kälte mal wieder länger mit der Familie nach draußen zu gehen, in den Park oder in den Wald. Jeder Spaziergang wird zur Entdeckungsreise, denn die Natur wandelt sich täglich. Und sie bringt uns einiges mit, zum Beispiel frische Köstlichkeiten für die Küche und eine Fülle von Inspiration und Material zum Basteln. Wie du und dein Kind trotzdem den Frühling erleben könnt, dazu findest du hier einige Ideen. Wie wäre es zum Beispiel mit einem Jahreszeitentisch oder einem Osternest im Grünen? Lass dich überraschen.
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