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Berührungen – Warum sie in der Schwangerschaft und danach so besonders wichtig sind
In unserem letzten Interview hat Clarissa darüber gesprochen, wie dein Baby sich im Bauch bewegt, wenn du ihn sanft berührst. Berührungen sind Kontaktaufnahme und Kommunikation – zwischen euch als Eltern, aber auch mit eurem ungeborenen oder neugeborenen Kind. Über Berührungen erfährt eine Hebamme viel über dich und das Baby in deinem Bauch, und du kannst deinem Kind Liebe und Geborgenheit vermitteln, indem du es berührst. Welche Bedeutung Berührungen in ihrem Berufsalltag haben und warum sie besonders für Neugeborene so wichtig sind, erklärt uns Clarissa in diesem Interview.
Zum Interview
Liebe Clarissa, warum ist das Thema Berührung in deiner Arbeit so wichtig?
Berührung ist eine wesentliche Kommunikationsgeste zwischen Menschen – und sie ist die Grundlage meiner Arbeit. Ich berühre die werdende Mutter, das Baby im Bauch der Mutter und das Neugeborene. Ich leite die Eltern an, sich gegenseitig und ihr Kind zu berühren. Über die Berührung nehme ich vieles an einem Menschen wahr und vermittle meine eigenen Emotionen. Für das Neugeborene sind die ersten Berührungen die prägendsten in seinem Leben. Und natürlich lasse auch ich mich bei meiner Arbeit berühren. Da ist es gut, mir immer der Qualität der Berührung und meiner eigenen Intention bewusst zu sein.
Wie schaffst du das? Wie bereitest du dich auf diese Berührungen vor?
Es gibt viele verschiedene Arten der Berührung und sie haben unterschiedliche Bedeutungen. Periphere Berührung findet schon statt, wenn ich das Haus meiner Familien betrete. Energetisch spürt man einen Menschen schon in einem Abstand von einem Meter. Auch die Sprache gehört zur peripheren Berührung, doch das ist ein eigenes Kapitel und soll hier nur kurz erwähnt sein.
Ich begrüße die Menschen vor mir mit einer Berührung an der Hand. Die Art des Händedrucks und die Körperhaltung sind wichtige erste Eindrücke, die ich von der Familie bekomme. Wenn ich als Hebamme dann eingeladen werde, die werdende Mutter zu berühren, bereite ich mich sorgfältig auf diese Situation vor. Äußerlich versuche ich, einen guten, intimen Raum für die Untersuchung zu schaffen: Ich sorge für einen warmen, bequemen Platz, kläre, ob der Partner oder die Partnerin dabei sein will und schließe die Tür. Ich wasche mir die Hände und wärme sie vor. Dann frage ich um Erlaubnis, die Schwangere zu berühren. Das ist wichtig, denn ich habe Respekt davor, einen Menschen am nackten Bauch zu berühren. Das gilt auch bei einer Einreibung der werdenden Mutter nach Dr. Hauschka.
Und was kannst du wahrnehmen, wenn du eine werdende Mutter berührst?
Ich spüre die Beschaffenheit des Gewebes, ich spüre, ob die schwangere Frau entspannt oder angespannt ist und bekomme Hinweise, was für ein Typ sie ist. Aber ich kann durch das Gewebe der Mutter auch das Ungeborene berühren – und ich spüre, wie es auf meine Berührung reagiert. Wie ich schon beim Thema „Kindsbewegungen“ gesagt habe, ist das eine wundervolle Art der Kontaktaufnahme. Deshalb ermutige ich alle werdenden Mütter dazu, ihr Kind über Berührungen zu spüren. Ich versuche, das Bewusstsein der Eltern für die ersten Berührungen ihres Kindes zu wecken: zunächst im Bauch und dann in der Realität, nach der Geburt. Damit sie wissen, dass sie es sind, die ihr Kind das erste Mal berühren. Wenn sie dies erkennen, beginnen ihre Augen immer zu leuchten.
Du sensibilisierst also werdende oder junge Eltern für das Thema Berührung?
Genau. Wir alle sind schon von einem anderen Menschen berührt worden und wissen, dass dadurch sofort eine Emotion transportiert wird. In der Geburtsvorbereitung mache ich gerne Bewusstseinsübungen hierzu: Ich bitte zum Beispiel den Partner, seine Frau mit einer vorher (heimlich) besprochenen Emotion drei Minuten lang zu berühren. Die Frau soll anschließend sagen, wie sie sich während der Berührung gefühlt hat. Oft stimmt die Emotion der Frau zu 100 % mit der vorher besprochenen Emotion des Partners überein.
Außerdem mache ich mir immer bewusst, wie ich mich bei einer Berührung selbst fühlen würde, und diese Bewusstheit versuche ich auch den Eltern zu vermitteln. Besonders natürlich, wenn es um die Berührung eines Neugeborenen geht, denn die ersten Berührungen sind die prägendsten Momente im Leben. Wenn ich beim Wochenbettbesuch das Baby berühre, nehme ich sehr intensiven Kontakt zu seinem Wesen auf. Die Haltung, mit der ich das Menschlein berühre, wird in diesem Moment deutlich: Die Kinder schauen mich mit wachen, großen Augen an und lauschen sehr konzentriert auf meine Stimme. Diese Berührung ist immer geprägt von absoluter Zuwendung.
Warum sind Berührungen für Neugeborene so wichtig?
Nach der Geburt ersetzen die ersten Berührungen den leichten Druck, den das Baby aus der Gebärmutter kennt. Es beginnt sich selbst zu spüren, und Schritt für Schritt lernt es die Sprache der Berührung. Auch wenn sein Hör- und Sehsinn noch ausreifen müssen, ist die Sensorik der Haut schon hochsensibel. Das Baby lernt schnell, welche Berührungen angenehm und welche unangenehm sind. Und es spürt immer die Emotionen, die dahinterstecken. So entwickelt sich die Gehirnstruktur weiter und befähigt den kleinen Menschen schon bald unterscheiden zu können, welche Person sich in seiner Nähe befindet.
Hast du Empfehlungen für junge Eltern, welche Berührungen ihrem Baby besonders gut tun?
Gut ist es, das Neugeborene mir einer kuscheligen Decke einzuhüllen, es zu wärmen und ihm viel Körperkontakt zu schenken, am besten durch Haut-auf-Haut-Kontakt. Das gilt natürlich genauso für die Mutter wie für den Vater. Körperkontakt erleichtert den Übergang vom Bauch in die Welt. Worte allein reichen da nicht aus. Über Berührungen wird dem Baby vermittelt: Du gehörst zu uns. Diese Versicherung braucht das Baby während des gesamten Kleinkindalters.
Erst nach sechs bis acht Wochen ist die Haut des Babys in ihrer Funktion vollständig ausgereift. Sie kann die Körpertemperatur halten und Stoffe aufnehmen und abgeben. Eltern sollten deshalb die Stoffe, die die Babyhaut berühren, mit Bedacht wählen: Wolle und Seide können etwa die Hautfunktionen unterstützen. Für einige Babys kann es auch erstmal unangenehm sein, sich selbst zu spüren, sie müssen sich erst daran gewöhnen. Da heißt es, Geduld zu behalten.
Babymassage
Babymassagen sind bewusst geführte Berührungen, die das Baby beim Ankommen unterstützen können. Ein guter Zeitpunkt dafür ist nach dem Baden, wenn die Mutter oder der Vater ihr Baby mit Öl einreiben.
Einige praktische Tipps dazu:
- Mache dir bewusst, dass du dein Baby gleich berühren - nicht einfach anfassen - wirst.
- Wärme deine Hände gut vor.
- Führe die Bewegungen oder Berührungen langsam aus. Das gilt besonders bei Babys, die durch eine Bauchgeburt auf die Welt gekommen sind.
Wie die Griffe für die Harmonische Babymassage aussehen können, erfährst du in unserer Reihe mit Bruno Walter.
Liebe Clarissa, wir danken dir für dieses Gespräch!
Clarissa Merzenich, Hebamme
Meine Schwerpunkte
- Traditionelle Hebammenarbeit in Vor- und Nachsorge
- Familienhebamme
- Anthroposophisch zertifizierte Hebamme
- Master of Science in Healthcare Management, Bereich Hebammenkunde
Das zeichnet mich und meine Arbeit aus
Die Liebe zum Menschen und das Staunen über die Einzigartigkeit eines (neuen) Kindes erfüllen mich jeden Tag! Die Metamorphose, die eine Frau durch die Schwangerschaft, Geburt und in der ersten Zeit mit ihrem Kind erlebt, ist bewegend. Als Hebamme begleite ich seit 20 Jahren alle drei Phasen, wobei mir das anthroposophische Menschenbild hilft, diese Wandlung besser zu verstehen. Im Mittelpunkt stehen dabei immer die individuellen Bedürfnisse der Frauen und natürlich die des kleinen Kindes! Diese Arbeit kann ich mit einem ganzheitlichen Blick und meinem Masterstudium in Hebammenkunde noch präziser leisten.
Als frische Großmutter durchlebe ich aus einer neuen Perspektive die Liebe als Band in der Familie.
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