Eltern sein: den eigenen Rhythmus finden
Mit einem Kind werden auch seine Eltern geboren. Und das nicht nur beim ersten Mal. Jedes neue Familienmitglied fordert seinen Platz und verändert das Gleichgewicht in der Familie. Du kannst dir eine Familie wie ein Orchester vorstellen, in dem jedes Instrument gehört werden möchte und etwas zur Gesamtkomposition beiträgt.
Das gilt übrigens auch für Familien, in denen die Eltern getrennt leben und eventuell neue Partner hinzugekommen sind – in denen sozusagen ein Instrument das Orchester gewechselt hat oder ein Part doppelt besetzt ist. Der gemeinsame Rhythmus hält alle zusammen. Sichtbar wird er zum Beispiel an Ritualen. Je stärker der individuelle Rhythmus einer Familie zu spüren ist, desto mehr Orientierung und Sicherheit vermittelt sich den Kindern.
Rhythmus erleichtert den Alltag. Er beinhaltet aber nicht nur regelmäßige Schlaf- oder Zuständigkeitszeiten für die Kleinen, sondern auch Zeit für die Eltern, um Kraft zu schöpfen und sich als Selbst oder Paar zu spüren. Ein familiäres Gleichgewicht dient somit als Basis, auf der nicht nur ein Kind gesund bleibt oder wieder gesund werden kann.
Eltern brauchen Pausen
Eltern sollten für ihre Kinder da sein mit Liebe, Verlässlichkeit und Respekt. Es ist eine lebenslange Aufgabe – bedeutet aber keine Selbstaufgabe.
Eltern müssen auch mal Pause machen. Sie brauchen Schlaf so dringend wie ihr Kind. Und sie brauchen Zeit für sich, für ihre Kinder, für Arbeit, für Freunde und vielleicht für ihre eigenen, älter werdenden Eltern.
Je kleiner ein Kind, desto kürzer sind die Pausen. Sie wollen deshalb umso besser genutzt werden. Wenn ein Säugling schläft, dann sollten sich auch die Eltern ausruhen. Für sich selbst zu sorgen und sich Unterstützung zu organisieren ist ein wichtiger Teil der Fürsorge, die Sie Ihrem Kind entgegenbringen.
Sich und den anderen spüren
Auch wenn deine Elternrolle dich gerade stark fordert, bist du nie nur Mutter oder Vater, sondern immer auch du selbst. Indem du ganz bewusst eine Tasse Tee trinkst oder Musik hörst, dich auch mal schön statt praktisch anziehst oder mit dem Kinderwagen einen deiner Lieblingsplätze ansteuerst, spürst du für wertvolle Momente: dich.
So wichtig die Verbindung zu dir selbst ist, so wichtig ist auch der Kontakt zu deinem Partner, mit dem du vielleicht gekonnt die Aufgaben, aber nur noch selten deine Gedanken teilst. Christa van Leeuwen, Hebamme, Paar und Familientherapeutin, berichtet aus ihrer langen Arbeitserfahrung: „Ich rate den Paaren, sich gezielt zu verabreden. Räumt die Küche nicht auf, macht einfach die Tür zu, lasst euch meinetwegen eine Pizza kommen! Nehmt euch Zeit und redet miteinander – vor allem über eure Gefühle!“
Wann sind Eltern besonders gefordert?
Immer wenn ein Kind von einer Phase in die nächste eintritt, sind Eltern besonders gefordert. Deutlich zeigen Kinder das im frühen Säuglingsalter, im 9. Lebensjahr während des so genannten Rubikons und in der Pubertät. Aber auch mit Beginn der Kindergarten oder Schulzeit, nach der Geburt eines Geschwisterchens, während eines Umzugs und in anderen individuellen Übergangszeiten brauchen Kinder mehr Achtsamkeit und Unterstützung ihrer Eltern.
Rhythmus
Das Leben auf unserem Planeten ist voller Rhythmen
Von der Bewegung der Erde um die Sonne über Ebbe und Flut, Tag und Nacht bis zum Ein- und Ausatmen eines jeden Lebewesens. Der Rhythmus gibt Schwung, er synchronisiert und organisiert.
Er tut dies aber nicht starr wie ein vorgegebener Takt, sondern erlaubt Abwechslung: Sonst würden wir nicht vor Aufregung den Atem anhalten oder bei einem Strandspaziergang nasse Füße bekommen, weil eine Welle plötzlich aus der Reihe tanzt.
Wir verbinden uns mit der Natur
Wenn wir uns diese elementaren Rhythmen bewusst machen, verbinden wir uns mit der Natur und mit ihrer Energie.
In der WALA setzen wir den Wechsel von warm und kalt, hell und dunkel, Ruhe und Bewegung ein, um Heilpflanzenauszüge auch ohne Alkohol haltbar zu machen. Diese rhythmischen Verfahren zeichnen uns aus.
Rhythmus ins Familienleben integrieren
Auch du kannst Rhythmen ganz bewusst in dein Familienleben integrieren. Rhythmen ordnen, ohne zu langweilen. Sie geben – oder ersparen – dir Kraft. Denn wer nicht immer wieder darüber diskutieren muss, wann aufgeräumt wird, an welchem Tag die Familie gemeinsam zu Hause isst oder getrennte Elternteile die Kinder sehen, hat es leichter im Leben.
Allerdings dauert es eine Weile, bis aus angestrebten Abläufen Gewohnheiten werden. Verzweifle nicht, sondern wiederhole.
Vom kleinen Ritual zum Rhythmus einer Familie
Jede Familie hat ihre eigenen Rituale.
Aber wo kommen sie her?
Monika Arend, Waldorf-Erzieherin in Eckwälden, weiß Rat: „Alles, was man öfter tut als anderes, ist ein Ritual. Wenn du also viermal in der Woche den gleichen Ablauf schaffst – zum Beispiel essen, Zähne putzen, eine Geschichte lesen und ins Bett gehen – dann hast du bereits einen Rhythmus. Wichtig ist, dass auch die Eltern diese Rituale gern erleben. Dann etablieren sie sich im Alltag leichter.“
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