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Zurück ins Gleichgewicht: das Geschenk der äußeren Anwendungen

Jeder Mensch ist einzigartig – auf seinem Lebensweg wie auch in seinen Heilprozessen. Gerda Zölle, Leiterin der Fachberatung Pflegeberufe bei der WALA, schöpft aus einem langjährigen Erfahrungsschatz und weiß, wie äußere Anwendungen individuell und ganzheitlich zugleich den Weg zurück in ein gesundes Gleichgewicht unterstützen können: als heilsame Zuwendung für den anderen und als wertvolle Fürsorge für sich selbst.

Das Interview mit Gerda Zölle startet unsere Serie über äußere Anwendungen. In den nachfolgenden drei Ausgaben unseres Newsletters erfahren Sie mehr über Wickel und Auflagen, Hand- und Fußbäder sowie Einreibungen.

Ulrika Bohnet: Wie Biografiearbeit, Kunsttherapie und Heileurythmie sind äußere Anwendungen Teil der anthroposophisch geprägten, ganzheitlichen Therapien. Was versteht man darunter?

Gerda Zölle: All diese Therapieformen können sowohl Symptome lindern als auch Lebenskräfte stärken. Sie eignen sich für akute Beschwerden und chronische Erkrankungen. Immer sind äußere Anwendungen ein Geschenk an den Körper, ein therapeutisches Angebot, um eine Schieflage wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Sie wirken von außen nach innen, sprechen die physische und die seelische Ebene an und gehören zu den ältesten Naturheilverfahren, die Menschen in Heilprozessen genutzt haben.

Ich schätze ihre Unkompliziertheit und Vielseitigkeit: Ob Wickel, Auflage, Waschung, Bad oder Einreibung – ich kann jedem Menschen die passende Unterstützung anbieten. In der anthroposophischen Heilkunde und Pflege werden äußere Anwendungen als wirkungsvolle Heilmittel besonders geschätzt und zunehmend auch im Therapiekontext einer integrativen Medizin angewendet, denn sie lassen sich sehr gut mit schulmedizinischen Behandlungsmethoden kombinieren.

Äußere Anwendungen sind mit einem Temperaturreiz verbunden, mit Berührung und einer Wirksubstanz. Die Substanz kann z.B. anregen oder beruhigen und wirkt über die Haut, die unser größtes Organ ist.

Was dann passiert, ist faszinierend: Äußere Anwendungen geben Impulse, um ein individuelles gesundes Gleichgewicht wiederherzustellen, und richten sich an die Gesamtheit von Körper, Geist und Seele. Wenn ich ein Angebot mache in Form einer äußeren Anwendung, bin ich persönlich Teil dieses Heilprozesses – mit meiner inneren Haltung, meiner fachlichen Kompetenz, meinem Da-Sein mit allen Sinnen. Sowohl in der professionellen Pflege wie auch wenn ich mich zu Hause meinen Eltern, meiner Partnerin, meinem Partner oder meinem Kind zuwende.

Genauso können äußere Anwendungen eine Einladung zu einem Zwiegespräch mit mir selbst sein: Selbstwahrnehmung, Selbsterkennen und Selbstwertschätzung sind dabei wesentlich für die Erhaltung meiner körperlichen, seelischen und geistigen Gesundheit.

Ulrika Bohnet: Dieser Dreiklang Wärme - Berührung - Wirksubstanz: Wo und wann begegnet er uns im Alltag?

Gerda Zölle: Viel öfter, als man denkt. So manche äußere Anwendung – wie z.B. das Zwiebelsäckchen bei Ohrenschmerzen – ist uns als altes Hausmittel bekannt. Und fast alles, was man für eine äußere Anwendung braucht, lässt sich im eigenen Haushalt finden. Es geht allerdings nicht immer um Wärme – bei Fieber oder entzündlichen Prozessen ist Kühlung angesagt. Dennoch spielt Wärme eine zentrale Rolle, weil sie für den Menschen ganz wesentlich ist. Ich spreche hier auch von seelischer Wärme, deren Nahrung die Berührung ist. Unsere Hände als Berührungswerkzeuge haben wir immer dabei. Wärmende Berührung kann ein tröstendes Streicheln sein, wie man es automatisch bei einem weinenden Kind macht, eine Umarmung wie natürlich auch ein wärmendes Fußbad am Abend bei Erschöpfung, Kopf- oder Regelschmerzen. Je nach gewünschter Wirkung kommen unterschiedliche Wirksubstanzen zum Einsatz.

Wenn ich ein therapeutisches Angebot mache, frage ich immer: Wer bist du? Was brauchst du? So kann ich auch auf meine Familie eingehen: Wie geht es meinem Gegenüber? Was brauchen wir zusammen? Und auch bei mir beobachten, ob ich im Gleichgewicht bin. Das ist ganz wesentlich: Einmal am Tag innehalten und auf physischer und seelischer Ebene Rückschau halten. Da reicht eine Minute! Hinschauen. Wahrnehmen. Vorbeugen. Selbstwahrnehmung ist nicht egoistisch, sondern dadurch steht man wieder für den anderen, das Gegenüber, das Du zur Verfügung.

Durch dieses Selbsterkennen kann man überhaupt erst wirksam werden und tun, was im Alltag möglich ist, um die Gesundheit zu erhalten bzw. die Selbstheilungskräfte zu erwecken.

„Selbstwahrnehmung ist nicht egoistisch, sondern dadurch steht man wieder für den anderen, das Gegenüber, das Du zur Verfügung.“

Gerda Zölle - Leiterin der Fachberatung Pflegeberufe

Ulrika Bohnet: Ganz konkret, auf was gilt es bei äußeren Anwendungen besonders zu achten?

Gerda Zölle: Zunächst muss ich mir klarmachen, was ich dem anderen oder mir selbst anbieten möchte. Dann wähle ich eine Anwendung aus: Habe ich Zeit für einen Wickel, der im Liegen wirken sollte? Oder ist eine Auflage besser, die den ganzen Tag oder die ganze Nacht über getragen werden kann und volle Mobilität erlaubt. Bei Bauchschmerzen ist die Ruhe des Wickels Teil des Heilungsprozesses, bei einer Verspannung verschafft mir eine Nackenauflage die gewünschte Linderung, noch während ich am Schreibtisch sitze. Dann machen die Wirksubstanzen unterschiedliche Angebote: Öl vermittelt Hülle, eine Salbe hat Depotwirkung und Essenzen wirken kühlend. Bitte beachten: Ätherische Öle dürfen nie direkt auf die Haut aufgetragen werden.

Diese und weitere Tipps finden Sie in den kommenden Artikeln, die verschiedene äußere Anwendungen mit genauen Anleitungen vorstellen.

Ich finde es sinnvoll, äußere Anwendungen rhythmisch einzusetzen, also immer zur gleichen Zeit ein Angebot zu machen, damit sich der Körper üben kann, wieder ins Gesunde zu kommen. Wir stärken unseren Körper und unsere Selbstheilungskräfte, wenn wir rhythmisch leben.

Ulrika Bohnet: Die in der äußeren Anwendung verwendete Wirksubstanz…

Gerda Zölle: … stellt uns in der Regel eine Pflanze oder ein Mineral zur Verfügung. Bei der WALA verarbeiten wir, unter anderem, natürliche Substanzen zu wirksamen Kompositionen. Dabei spielen Rhythmus und Handarbeit eine wichtige Rolle – von Anbau und Ernte im Heilpflanzengarten bis zur Herstellung.

Als WALA haben wir es uns zur Aufgabe gemacht, eine Kultur zu pflegen, die Krankheit und Gesundheit zusammendenkt. Der es um Wertschätzung und Lebensqualität geht und die dabei niemanden ausschließt. Es ist eine gesellschaftliche Aufgabe und zugleich ein persönliches Thema. Äußere Anwendungen, die immer Begegnung sind, können eine Brücke schlagen und uns immer wieder erinnern, dass jedes Leben ein Geschenk ist.

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