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Wildkräuter sammeln: Tipps und Tricks

Sie sind frisch, regional, saisonal und auch noch unglaublich lecker: Wildkräuter und -pflanzen. In Sachen Nachhaltigkeit, Umwelt- und Klimafreundlichkeit kommt so schnell niemand an sie ran. Schon gar nicht gekauftes Obst und Gemüse. Wilde Pflanzen brauchen keinen Acker, keinen Traktor, keinen Dünger, keine künstliche Bewässerung, keinen Lastwagen, der sie durch halb Europa karrt und natürlich auch kein Supermarktregal. Wir dürfen sie ernten, während wir an der frischen Luft spazieren gehen und mit den Elementen in Kontakt kommen. In der heutigen Zeit ist das ein fast unbezahlbarer Ausgleich zur Arbeit am Bildschirm und in geschlossenen Räumen. Die Natur schenkt uns die wilden Kräuter – sie wachsen einfach so und ohne unser Zutun. Klingt fast schon paradiesisch, nicht wahr?

Das Wichtigste auf einen Blick

  • Sammeln Sie nur Pflanzen, die Sie sicher bestimmen können. Am Anfang hilft ein Bestimmungsbuch.
  • Gute Anfängerpflanzen sind zum Beispiel Löwenzahn, Gänseblümchen, Brennnessel, Rotklee und Holunder – weil viele Menschen diese Gewächse ohnehin bereits kennen.
  • Schonen Sie geschützte Arten und sammeln Sie nicht in Naturschutzgebieten.
  • Ernten Sie eine Stelle nie kahl; lassen Sie mindestens 70 Prozent des Bestandes stehen.
  • Ernten Sie nur Mengen, die Sie innerhalb von ein bis zwei Tagen essen oder verarbeiten können.
  • Setzen Sie Ihre Schritte sorgfältig, treten Sie die Pflanzen nicht unnötig nieder.
  • Halten Sie Abstand zu Hundewegen, Viehweiden, gedüngten Wiesen und Felder und viel befahrenen Straßen.

Gelände: Wo Wildkräuter wachsen.

Leckere Wildkräuter sind übrigens nicht bloß glücklichen Landbewohnern vorbehalten. Sie gedeihen auch in Großstädten – etwa in Parks, Stadtwäldern, auf Brachflächen, an alten Bahndämmen, am Rand von Kinderspielplätzen, Baustellen sowie auf Kirch- und Klosterhöfen. Für den Sammelspaziergang auf dem Land eignen sich biologisch bewirtschaftete Weinberge und Obstbaumwiesen (bitte immer vorher den Besitzer fragen), das Ufer fließender Gewässer, geschützte Täler, wenig frequentierte Waldwege und natürlich auch der eigene Garten.

Wissen: Machen Sie sich schlau!

Doch bevor Sie nun losstürzen und sich zum Grasen auf die Wiese hinters Haus setzen, sollten Sie sich mit einem soliden Basiswissen ausstatten. Denn essbare Kräuter haben manchmal giftige Doppelgänger. Gute Grundlagen vermitteln Wildpflanzen-Exkursionen, die inzwischen in vielen Volkshochschulen oder von örtlichen Naturschutzorganisationen angeboten werden. Wer gerne liest, findet unten eine Liste mit empfehlenswerter Fachliteratur. Auch Apps zur Pflanzenbestimmung sowie Youtube-Kanäle fachkundiger Experten machen Sie mit dem wilden Grünzeug bekannt. Gute Anfängerpflanzen sind zum Beispiel Löwenzahn, Gänseblümchen, Brennnessel, Rotklee und Holunder – weil viele Menschen diese Gewächse bereits kennen.

Ausrüstung: Womit und wie man sammelt.

Wer Wildpflanzen sammeln möchte, braucht eigentlich keine besondere Ausstattung. In vielen Fällen genügen die eigenen Finger und eine kleine, verschließbare Plastiktüte. In meinen Jackentaschen finden sich stets ein paar Ziplock-Beutel. Ja, sie bestehen aus Kunststoff und dadurch nicht besonders nachhaltig. Ich benutze sie aber tatsächlich über Jahre hinweg. Sie sind leicht, platzsparend, immer zur Hand und schützen kleine Kräutermengen vor dem Austrocknen. Wer es plastikfrei versuchen möchte, kann Butterbrottüten nutzen oder eine handliche Frischhaltedose. Diese schützt das Sammelgut zudem vor unerwünschtem Druck. Sofern ich vor einer Kräuterwanderung bereits weiß, dass ich größere Mengen sammeln möchte (zum Beispiel für Bärlauchsalz oder Holunderblütensirup), benutze ich luftige Körbe, in die ich feuchte Leinentücher lege. Für Rosetten von Löwenzahn oder Feldsalat ist ein scharfes Taschen- oder Erntemesser nützlich. Und für das Pflücken von Brennnesselspitzen eignen sich Gartenhandschuhe.

Naturschutz: Was es zu beachten gilt

Es versteht sich von selbst, dass wir in Naturschutzgebieten keine Kräuter zupfen und geschützte Pflanzen immer stehenlassen. Überhaupt versuchen wir als verantwortungsvolle Sammler möglichst „unsichtbar“ zu sein: Wir wählen unsere Schritte mit Bedacht und treten Pflanzenbestände nicht unnötig nieder. Wir sammeln nur die Triebspitzen, aus denen die Pflanzen später wieder austreiben können und reißen sie nicht mit der Wurzel aus. Auch ernten wir gute Fundstellen nicht einfach kahl, sondern lassen mindestens 70 Prozent des Bestandes stehen, damit er sich regenerieren kann. Wer sich beim Kräutersammeln mit Neugier, Dankbarkeit und Ehrfurcht auf die Natur einlässt, wird ohnehin bald eine besondere Verbindung zu ihr spüren und ihr so wenig wie möglich schaden wollen.

Löwenzahnsalat

Zubereitung: Tipps für die Küche

Ihre grünen Schätze können Sie unterwegs aus der Hand essen oder auf ein mitgebrachtes Butterbrot legen. Wer – wie ich – lieber in der heimischen Küche zubereitet, kann wie folgt vorgehen: Waschen Sie Ihr Sammelgut schonend in einer Schüssel mit kühlem Wasser und breiten Sie es dann auf einem sauberen Küchentuch aus. (Blüten wasche ich nicht, sonst gehen die wertvollen Pollen verloren.) Sie können die Pflanzen nun direkt in Ihren Gerichten verarbeiten und essen – so kommen Sie in den vollen Genuss der wertvollen Inhaltsstoffe.

Auch Aufbewahren funktioniert für ein bis zwei Tage: Legen Sie ein feuchtes Küchentuch in eine flache Frischhaltedose. Platzieren Sie die sauberen Kräuter vorsichtig darauf und stellen Sie die Dose ins Gemüsefach des Kühlschranks. Zahlreiche Zubereitungsideen mit Wildkräutern finden Sie bei unseren Rezepten.

Die beste Zeit für wildes Grün

Zweimal im Jahr haben Wildkräuter Hochsaison. Die erste „Welle“ beginnt im Frühjahr mit saftigen, jungen Kräuterspitzen von Bärlauch, Giersch, Sauerampfer und Co. Mit ihrem hohen Gehalt an Chlorophyll, Vitaminen und Mineralstoffen vertreiben die grünen Gesellen jeden Wintermief.

In der Hitze des Sommers stecken sie all ihre Kraft in die Ausbildung von Blüten. Ihre Blätter sind nunmehr zäh, ledrig und nicht mehr genießbar. Deshalb ist der Sommer die beste Zeit für essbare Blüten. Sie passen wunderbar zu frischen Salaten oder auf sommerlichen Blütentorten.

Im Herbst kommt die Zeit der Samen und Früchte. Nun streue ich zum Beispiel die aromatischen Samen des Wiesenbärenklaus aufs Brot. Sie schmecken fein nach Zitrone und Anis. Sobald die Sommerhitze abklingt und der Regen zurückkehrt, starten die Wildkräuter in die zweite Runde. Viele von ihnen halten dann durch bis in den tiefsten Winter. Wer ihre Standorte kennt, findet sie auch unter einer geschlossenen Schneedecke. Bei Nachtfrost gefriert das wilde Grün allerdings und taut erst im Lauf des Vormittags wieder auf. 
Die beste Winter-Sammelzeit liegt daher zwischen 12 und 15 Uhr. Wurzeln, Knollen und Zwiebeln werden ebenfalls im Herbst und Winter ausgegraben.

Risiken: Fuchsbandwurm und Zecken

Auf jeder Kräuterwanderung, die ich leite, taucht irgendwann die Frage auf: „Was ist eigentlich mit dem Fuchsbandwurm?“ Nicht falsch verstehen: Infektionen mit diesem Parasiten können lebensbedrohlich sein. Ein Risiko, das ich nicht kleinreden will. Und doch sprechen die Zahlen und Fakten für sich: Jährlich registriert das Robert-Koch-Institut zwischen 40 und 60 Fuchsbandwurm-Infektionen.[1] Todesfälle werden nicht erfasst. Autofahren scheint – statistisch gesehen – gefährlicher zu sein: Von Januar bis November 2022 starben in Deutschland 2.568 Menschen im Straßenverkehr.[2] Hinzu kommt: Als Kulturfolger bewegen sich Füchse auch in Siedlungsgebieten und auf landwirtschaftlichen Äckern. Dürften wir dann folgerichtig auch kein Gemüse aus dem eigenen Garten oder aus Freilandanbau mehr essen?

Ein Plagegeist, den ich für eine sehr reelle Bedrohung halte, ist die Zecke. Das winzige Spinnentier kann Lyme-Borreliose und Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) übertragen. Wählen Sie fürs Kräutersammeln daher bitte festes Schuhwerk, gerne geschlossen bis zum Knöchel. Schützen Sie sich mit langärmeligen Oberteilen und langen Hosen, die sie am besten auch noch in die Strümpfe stecken. Nach einer Runde durch Wald und Wiese bitte den ganzen Körper gründlich auf Zecken untersuchen.


[1] https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Jahrbuch/Jahrbuch_2020.pdf?__blob=publicationFile
[2] https://www.auto-motor-und-sport.de/verkehr/unfallstatistik-deutschland-2022/

Zur Person: Elisabeth Menzel ist Expertin für essbare Wildkräuter und Fachberaterin für Rohkosternährung (IHK). Für die WALA Heilmittel GmbH entwirft die freie Journalistin treffende Texte, lesenswerte Magazine und Broschüren – und leckere Rezepte.

Literatur

  • Steffen G. Fleischhauer, Jürgen Guthmann, Roland Spiegelberger: Essbare Wildpflanzen einfach bestimmen. ISBN: 978-3038009122 (besonders geeignet für Anfänger, mit vielen Detailfotos der Pflanzen)
  • Ursula Stratmann: Mein Stadtkräuterbuch. ISBN: 978-3424631203
  • Martina Merz: Wildkräuter bestimmen, sammeln, zubereiten. ISBN: 978-3954532339

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