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Im Gespräch mit einem anthroposophischen Frauenarzt über das Geheimnis der Schwangerschaft

In anderen Umständen sein – die meisten Frauen erleben ihre Schwangerschaft nicht nur körperlich als Ausnahmezustand. Dr. med. Bartholomeus (Bart) Maris ist anthroposophischer Frauenarzt und begleitet seit vielen Jahren Frauen während der Schwangerschaft. Mit seiner Frau, der Kinderärztin Nicola Fels, praktiziert er seit 1997 in einer Gemeinschaftspraxis im Therapeutikum Krefeld.

Empfängnis

WALA: Die meisten Frauen blicken während einer Schwangerschaft nach vorn – auf die Wochen bis zum errechneten Geburtstermin. Sie blicken gerne zurück, Herr Maris. Warum?

Dr. med. Bartholomeus Maris: Für mich ist das Allerwichtigste das Bewusstsein davon, dass ein Kind nicht gemacht, sondern empfangen wird. Und dass es von irgendwoher kommt und nicht aus dem Nichts entsteht. Leben nach dem Tod, das ist uns heute geläufig, aber Leben vor der Empfängnis, das ist immer noch ungewohnt.

Das klingt ein wenig nach Maria ...

Tatsächlich erscheint mir Raffaels Sixtinische Madonna als treffendes Bild für die Schwangerschaft. Man sieht im Hintergrund ganz deutlich viele Gesichter – das ist die Welt der Ungeborenen. Normalerweise ist der Vorhang geschlossen, aber Maria kommt mit dem ungeborenen Kind auf die Erde. Ihr Blick ist ganz innerlich und auf das Kind bezogen. Ihr Schleier umhüllt vor allem sie selbst: Sie schützt sich und schafft es auf diese Weise, sich nicht zu verausgaben.

Wenn wir uns also eine Welt der Ungeborenen vorstellen – wie passt die Befruchtung einer Ei- durch eine Samenzelle in dieses Konzept?

Empfängnis ist etwas anderes als die Befruchtung– die kann man natürlich manipulieren.Doch danach kann man eigentlichsinngemäß nur die Hand hinhaltenund hoffen, dass etwas kommt.

Nur hoffen oder auch aktiv etwas tun?

Natürlich können die Frauen versuchen, sich vorzubereiten – wie eine gute Gastgeberin, die ihre Wohnung schön herrichtet und sich im Vorfeld Gedanken über die Bedürfnisse ihrer Gäste macht. Da sind einerseits ganz praktische Fragen, etwa zur Ernährung, zum Umgang mit Alkohol oder Nikotin. Manche Frauen haben aber auch Schwierigkeiten,sich wie gewohnt engagiert in ihrem Beruf einzubringen. Viele erleben, dass sie nicht mehr so geistesgegenwärtig sind wie sonst. Wenn meine Patientinnen wegen dieser Veränderungen verunsichert sind, dann ermuntere ich sie gerne mit den Worten: „Das ist doch schön! Das Beste, was Sie für sich und ihr Kind machen können, ist schlafen, träumen, ein bisschen spazieren gehen ...“

Ultraschall

Einfach guter Hoffnung zu sein - das fällt Frauen heute oft schwer. Aber ist eine derartige Gelassenheit angesichts der vielfältigen pränatalen Diagnose- Möglichkeiten überhaupt noch möglich?

Ich sehe viele der unnötig eingesetzten Ultraschalluntersuchungen durchaus kritisch. Oft habe ich das Gefühl, das kleine Ungeborene versteckt sich geradezu. Doch wir kommen mit dem Ultraschall und spüren es auf. Das Baby wird vermessen, mit Normwerten verglichen, man überprüft, ob alles nach Plan läuft. Das Ultraschallbild auf dem Monitor erzeugt eine unnatürliche Distanz: Wenn die Geschwister dabei sind, zeigen die Eltern auf den Bildschirm und sagen: „Guck mal, da ist das Baby!“ Doch die Kinder wundern sich: „Warum ist das Baby schwarz-weiß? Und warum ist es in diesem Kasten, nicht in Mamas Bauch?‘

Geht das nur den Kindern so?

Eine Patientin hat das einmal wunderbar ausgedrückt: Sie war in der achten Woche schwanger und freute sich sehr. Sie hatte den ganz starken Eindruck, dass ihr Kind unendlich groß, geradezu kosmisch groß sei. Auf dem Ultraschallbild schrumpfte das Baby dann aber auf einen kleinen Punkt zusammen und dieses ursprüngliche Gefühl war verloren. Dem Geheimnis der Schwangerschaft kommt man per Ultraschall jedenfalls nicht auf die Spur.

Wie würden Sie das Geheimnis der Schwangerschaft beschreiben?

Die Schwangerschaft lässt sich vielleicht am besten als ein umfassender Verdichtungsprozess beschreiben, als Weg der Seele aus der Welt der Ungeborenen auf die Erde. Interessanterweise bildet die befruchtete Eizelle in den ersten zwei Wochen vor allem ihre Umgebung aus: Eihäute, die Anlage der späteren Plazenta – eine eigene kleine Höhle. Später schwebt das Kind in der Schwerelosigkeit des Fruchtwassers. Ich muss immer schmunzeln, wenn die Frauen mich bei der Untersuchung fragen, wie viel denn ihr ungeborenes Baby gerade wiege. Meine Antwort lautet dann: „Nichts! Wenn es jetzt rauskäme, würde es 1.200 Gramm wiegen, aber im Moment ist es schwerelos.“

Vertrauen statt Angst

Ein Kind zu bekommen, kann eine beglückende Erfahrung sein. Aber mache Eltern können dieses Glück nicht genießen, weil sie sich Sorgen darüber machen, was alles schief gehen könnte. Wie ist diesen Eltern zu helfen?

Es geht immer darum, Vertrauen aufzubauen. Die Zusammenarbeit mit einer Hebamme, die im Wechsel mit der Ärztin oder dem Arzt die Vorsorgeuntersuchungen macht, wirkt zum Beispiel vertrauensbildend.
Aber es sind auch die kleinen Dinge, die helfen: Ich empfehle den Frauen, einfache Kinderlieder zu singen, ein Gebet oder ein Gedicht zu sprechen, mit der Hand auf dem Bauch. Auf diese Weise können sie den Kontakt zum Ungeborenen pflegen. Und es wird Sie vermutlich nicht wundern, wenn ich noch einmal auf die Sixtinische Madonna zu sprechen komme. Sie eignet sich wunderbar für eine kleine Bildmeditation: Versuchen Sie abends vor dem Einschlafen fünf Minuten lang etwas von der Stimmung der Sixtinischen Madonna zu empfinden. Das kann unendlich viel Vertrauen und Ruhe geben. Gerade in unserer auf Quantifizierung und Optimierung ausgerichteten Zeit kann die Schwangerschaft auf diese Weise ganz neue Qualitäten in unser Leben bringen, etwa ein Gefühl der spirituellen Anbindung. Schwangersein als Begegnungsmöglichkeit mit einer geistigen Welt – wenn man sich darauf einlässt.

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