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Ich sein - warm sein

Damit unser Körper sich selbst regulieren kann, ist ein harmonischer Wärmehaushalt Voraussetzung. Dr.med. Sebastian Schlott, Oberarzt der Onkologie der Stuttgarter Filderklinik, erklärt im Interview, dass die Ich-Kräfte des Menschen Wärme benötigen, um Körper und Geist miteinander verbinden zu können.

Kein anderer Organismus reguliert seine Wärme so konstant wie der menschliche: Seine Körperkerntemperatur liegt außer in Extremfällen bei rund 37 Grad, selbst dann, wenn wir frieren und uns kalt fühlen. Das Kälteempfinden kommt dann vor allem durch mangelnde Durchblutung und Durchwärmung der äußeren Körperschichten zustande. In der Anthroposophischen Medizin wird einem ausgewogenen Wärmehaushalt besonderes Augenmerk geschenkt, wie Dr.med. Sebastian Schlott betont: „Wenn wir den Menschen primär als ein geistiges Wesen sehen, stellt sich die Frage, unter welchen Bedingungen sich dieses in seinem stofflichen Leib am besten verwirklichen kann. Da spielt die Wärme eine große Rolle, denn unser Ich-Individuum bedient sich der Wärme im Organismus, um in diesem zu leben.“

Das mag zunächst ein ungewohnter Gedanke sein, der sich jedoch bei genauerem Hinsehen intuitiv erschließen kann: „Wenn ich kalte Hände habe oder gar abgefrorene Gliedmaßen, dann habe ich das Gefühl, diese Körperteile gehörten gar nicht zu mir“, führt der Mediziner aus. „Ich fühle sie nicht, ich muss schauen, ob sie überhaupt noch da sind. Wir können spüren, dass wir immer dann in unseren Leib hereinkommen, wenn die Wärme ausreichend verteilt ist.“

Alle Menschen zeigen eine normale tägliche Temperaturschwankung, die „circadiane Temperaturrhythmik“.1 Sie beträgt ein halbes bis ein Grad. Am frühen Morgen ist die Körpertemperatur am niedrigsten, im Laufe des Tages steigt sie und erreicht schließlich abends ihren Höhepunkt. Nicht nur der Schlaf, sondern auch schlafähnliche Zustände wie eine Narkose führen zu einem Rückgang der Temperatur, ebenso übrigens Rauchen und Alkohol.

Auch bestimmte Krankheiten verändern die Körpertemperatur. Bei Patienten mit Schilddrüsenunterfunktion etwa ist sie niedriger, bei einer Überfunktion dagegen erhöht. Untersuchungen ergaben, dass auch bei Tumorerkrankungen im fortgeschrittenen Stadium das Gesamttemperaturniveau reduziert ist. Noch auffälliger ist allerdings, dass die circadiane Rhythmik bei Krebspatienten weniger stark ausgeprägt ist – was einer tendenziellen Erstarrung dieser sonst schwingenden Rhythmik entspräche und auf eine eingeschränkte Fähigkeit der Selbstregulation schließen lassen kann.

Schieflage im Wärmehaushalt

Eine gestörte Wärmeregulierung kann also durchaus als Ausdruck dafür gesehen werden, dass etwas im Menschen aus dem Gleichgewicht geraten ist. Eine ganze Reihe von Faktoren spielt in diesem Zusammenhang eine Rolle. So kann etwa auch Stress zu mangelnder Durchblutung und damit zu Kälte führen. „Wenn jemand enthusiastisch und seelisch beteiligt einer Aufgabe nachgeht, braucht er dabei eine gewisse Anspannung, die sich auch im Muskeltonus zeigt. Das ist völlig normal, es ist jedoch wichtig, später auch wieder in eine Entspannung zu kommen“, erklärt Sebastian Schlott. Erfolgt der rhythmische Wechsel zwischen enthusiastischer Anspannung und anschließender Entspannung nicht ausreichend vom Ich geführt, können Stressfaktoren dauerhaft eine einseitige Anspannung bewirken. „Dann fehlt die ausgleichende Kraft“, erläutert der Arzt. „Diese zunächst nur zeitweilige funktionelle Veränderung kann langfristig auch organisch manifest werden.“

Einiges spricht dafür, dass unsere westliche Lebensweise Erkrankungen, bei denen häufig Qualitäten der Verfestigung beziehungsweise der Kälte dominieren, eher befördert: Herz- und Gefäßerkrankungen sowie Krebserkrankungen nehmen zu, Infektionskrankheiten dagegen nehmen weltweit ab. Letztere gehen häufig mit einer Fieberentwicklung und daher mit Qualitäten der Wärme, im Entzündungsprozess auch mit Qualitäten der Auflösung einher: Die Patienten gehen durch einen krisenhaften Zustand, den sie aber auch relativ schnell wieder überwinden können. Bei chronifizierten Krankheiten wie Krebs dagegen zeigen sich die erwähnten Qualitäten der Verfestigung und Kälte etwa im oft verhärteten, dem Organismus fremd gewordenen Tumorgewebe oder in der bereits erwähnten Temperaturstarre. „Das in der gesteigerten Wärme von Entzündung und Fieber und auch in immunologischer Aktivierung zum Ausdruck kommende regulierende Eingreifen des Ichs erscheint abgeschwächt“, so Sebastian Schlott.

Fieber als heilsames Regulativ

Während häufiges Frieren, kalte Hände oder Füße also auf mangelnde Selbstregulation schließen lassen, ist eine kurzzeitige Anhebung der Körpertemperatur durch Fieber ein positives Zeichen. „Am Beispiel von saisonalen Infekten – die mit dem Wort Erkältung viel treffendercharakterisiert werden – wird dies deutlich“, erklärt Sebastian Schlott. „Kälteeinflüsse auf die Schleimhäute beeinträchtigen die dortigen Lebensprozesse, die in eine feine Erstarrung geraten. Der Organismus kann die ihm eigenen Lebensprozesse an diesen Stellen nicht mehr ausreichend behaupten, ist nicht mehr ganz er selbst – in der Folge entsteht ein Nährboden für Viren oder Bakterien.“ Als Reaktion auf diese von außen kommenden Störfaktoren wird ein Wärmeprozess in Gang gesetzt: Eine Entzündung tritt ein, oftmals verbunden mit einer Schwellung. Dieser Prozess kann lokal ablaufen, wenn nötig aber auch den ganzen Körper ergreifen – dann bekommen wir Fieber, das die Anthroposophische Medizin als Ausdruck eines Selbstheilungsprozesses betrachtet: „Das Fieber ist zu begrüßen und nichts Schädliches, auch wenn es Teil des Krankheitsbildes ist“, betont Sebastian Schlott. „Deshalb setzen wir außer in Ausnahmefällen keine fiebersenkenden Mittel ein, sondern begleiten und führen das Fieber und damit den Krankheitsprozess.“ Kann diese alle Lebensprozesse des Organismus dirigierende und regulierende Ich-Instanz im Organismus nicht ausreichend wirken, können also Fremdqualitäten überhandnehmen. Studien zeigen, dass Krebspatienten vor ihrer Krebserkrankung oftmals auffällig selten Infektionen oder Fieber erlebt haben.

Wärme natürlich fördern

Eine ganze Reihe natürlicher Mittel unterstützt die Wärmebildung: Ingwer etwa wirkt sowohl als heißes Getränk als auch in Wickeln oder Fußbädern wärmend und stimulierend, ähnlich ist es mit Senfmehl. Auch ätherische Öle können hilfreich sein, vor allem Blütenöle, in denen die Wärmequalität der Sonne nachzuwirken scheint. Zu den typischen äußeren Anwendungen der Anthroposophischen Medizin gehören Einreibungen, Bäder und Wickel, die Rhythmische Massage nach Ita Wegman und Margarethe Hauschka sowie Öldispersionsbäder nach Werner Junge.2 Alle diese Therapien zielen auf die Rhythmisierung und Stärkung der Lebenskräfte ab. Aber auch Bewegungstherapien wie die Heileurythmie wollen den Organismus anregen und die Patienten zusätzlich auf seelischer Ebene stimulieren. Ein Klassiker der Anthroposophischen Medizin und ein wichtiges komplementäres Therapieverfahren bei Krebs ist die Misteltherapie. Sie regt den Wärmeorganismus an und stärkt dadurch die körpereigenen Abwehrkräfte. Auch die Hyperthermie arbeitet mit diesem Prinzip: Eine bewusste Überwärmung des Körpers bis auf 40 oder 41 Grad erzeugt eine Art Fieberzustand, der als begleitende Therapie bei Krebserkrankungen zu einer besseren Wärmeregulation anregen kann.

Eine weitere, relativ junge anthroposophische Therapieform ist die Metallfarblichttherapie, mit der in der Filderklinik seit 2003 forschend und therapeutisch gearbeitet wird. Dabei scheint Tageslicht durch farbiges, künstlerisch gestaltetes Glas in einen ansonsten dunklen Raum. Die intensiven Farben der Glasplatten entstehen durch Eisen- oder Kupferoxide und haben eine starke Wirkung auf die sie betrachtenden Patienten – auch das kann zu innerer Bewegung führen und Wärmeprozesse stimulieren.

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