WALA Arzneimittel

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Gesprächsreihe "Gemischtes Doppel" Ostheimer

UNTERWEGS IM GARTEN

Bernhard Ehrmann: Willkommen bei uns im Heilpflanzengarten! Hier erlebt man ja die Jahreszeiten und den Rhythmus der Natur wirklich ganz pur. Waren Sie schon mal hier?

Sibylle Engstrom: Ja, aber das ist schon sehr lange her. Deshalb bin ich besonders dankbar, heute hier sein zu können!

Bernhard Ehrmann: Was die meisten nicht wissen, in der Winterzeit passiert unter der Erde ganz viel. Wir schneiden bewusst im Sommer nicht alles Blühende weg, weil die Pflanze ihre ganze Kraft in den Austrieb gesteckt hat. Nun soll sie Gelegenheit bekommen, die Kraft wieder ganz in sich hineinzuziehen – in die Wurzel. Wurzelernten finden tatsächlich im Winter statt, weil wir dann mit der Wurzel die gesamte Pflanze ernten und die Wirkstoffkonzentration am höchsten ist. Zum Beispiel beim Blauen Eisenhut, den wir für unsere Arzneimittel verwenden. Damit man dann im Winter wirklich die bestmögliche Qualität hat, braucht es aber die Pflege übers ganze Jahr. Wir haben hier im Garten so eine Art Patenprinzip, also jede Gärtnerin und jeder Gärtner kümmert sich um ganz bestimmte Pflanzen.

Sibylle Engstrom: Das ist tatsächlich bei uns ähnlich. Auch bei uns sind die Kolleginnen und Kollegen auf ganz bestimmte Figuren spezialisiert, die sie von Hand an den Schleifmaschinen fertigen oder bemalen. Dieses sich Verbinden, die Hingabe und Aufmerksamkeit für ein Objekt sind ein schönes Bild für eine Beziehungspflege und ein „Wachsenlassen“ - im Garten ja im tatsächlichen Wortsinn. Und die Wurzel, die tief im Boden und gewissermaßen etwas Tradiertes ist, gibt dennoch immer wieder neues Leben, neues Wachstum und Entwicklung. Ein schönes Bild für die Verbindung aus Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Bei uns ist das das Design, die Idee, die jeder Figur von uns zugrunde liegt, die dann durch die Serienfertigung vervielfältigt wird und schließlich im Kinderspiel zur Wirkung kommt und Entwicklung fördert.

Bernhard Ehrmann: Bei Ihren Holzfiguren gibt es ja auch so etwas wie einen Wesenskern, eine Wurzel, wenn man so will – je nachdem, welche Figur gerade entsteht. Wie kommt dieser Wesenskern ins Leben?

Sibylle Engstrom: Da kommen verschiedene Aspekte zum Tragen. Zum einen muss man beim Design schauen, dass man sich auf das wirklich „Wesen“tliche reduziert. Viele denken vielleicht, dass genau das ganz einfach sei. Aber wir achten darauf, dass der Unterschied zwischen zwei Tieren, wie z.B. dem Krippenochsen und dem Krippenesel, nicht nur durch Signale wie die Farbe, die langen Ohren oder die Hörner zum Ausdruck kommt, sondern dass die Kopfform und die Gesamtgestalt des Tieres wirklich das Charakteristische zum Ausdruck bringen. So ist auch unser Fuchs zwar weder in Form noch in Farbe naturrealistisch, aber er vermittelt das, was wir am Fuchs als typisch erleben. Er hat dessen Ausdruck, seine Formensprache. Und der Mensch, der die jeweilige Figur an der Schleifmaschine formt, arbeitet sich da ein und legt diesen Ausdruck in die jeweilige Figur mit hinein.

"Das ist ja auch das besonders Schöne an Handarbeit, dass man etwas in der Hand hält, wo der Mensch, der daran mitgewirkt hat, etwas hineingegeben hat."

"Es macht nämlich einen Unterschied, ob ich mit einem Gänseblümchen, mit Majoran oder mit einer dornigen Berberitze arbeite. Genauso ist es sicherlich ein Unterschied, ob man ein Häschen oder einen Stier schafft."

Bernhard Ehrmann: Und ich könnte mir genauso gut vorstellen, dass die Arbeit an der Figur dem Menschen auch etwas zurückgibt. Das ist bei uns im Garten ganz ähnlich. Es macht nämlich einen Unterschied, ob ich mit einem Gänseblümchen, mit Majoran oder mit einer dornigen Berberitze arbeite. Genauso ist es sicherlich ein Unterschied, ob man ein Häschen oder einen Stier schafft.

Da hinten sind übrigens die Komposte und hier entsteht gerade einer, ein Laubkompost. Wir holen das Laub aus dem Wald, von den Wegen und aus den Gräben. So ein Laubkompost ist von der Substanz her nochmal etwas ganz anderes. Unsere Komposte rotten zwei Jahre, bis sie wirklich komplett vererdet sind. Das ist dann ganz wunderbar feinkrümelige Erde und für die Anzucht besonders gut. Aber es gibt auch Jahreskomposte für alles, was im Garten so anfällt. Oder der Holzhäckselkompost, das ist gröberer Kompost, der auch dauerhaft etwas Lockeres in den Boden bringt. Jeder Kompost hat seine eigene Funktion.

Sibylle Engstrom: Das heißt, wir sprechen hier unter Umständen von „mehreren Generationen“ bzw. Jahresläufen, bis etwas wird. Der Faktor Zeit spielt natürlich eine wesentliche Rolle hier im Garten. Das ist in unseren Werkstätten ganz ähnlich. Da in unserer Fertigung wirklich alles durch Handarbeit geschieht, braucht es Zeit und Vorbereitung. Auch wir können zum Beispiel nicht mal eben zwei Monate vor Weihnachten eine große außerplanmäßige Bestellung entgegennehmen. Da ist bei uns Hochsaison und wir arbeiten daran, die Weihnachtsaufträge zu komplettieren. Idealerweise wird die größte Menge der Weihnachtsfiguren im Frühjahr und Sommer gefertigt und Richtung Weihnachten dann schon die Frühjahrs- und Osterware. Kommen wir aus diesem Rhythmus heraus – wie z.B. durch die Ausnahmesituationen der letzten Jahre - fühlt sich das nicht gesund an, da dann Hektik entsteht und alles stolpert. Aber auch dann können wir nur Schritt für Schritt in menschengemäßem Tempo weiterarbeiten. Das ist der große Unterschied zur Handarbeit im Gegensatz zur Maschinenfertigung. Die Natur lässt sich da natürlich nicht aus dem Rhythmus bringen.

Bernhard Ehrmann: Die Natur gibt uns ihren Rhythmus vor, und man kann nicht mal eben in den Turbogang schalten. Qualität braucht Zeit. Das ist aber für manch einen heute schwer auszuhalten.

Welches Holz nehmt Ihr eigentlich für Eure Figuren? Ahorn, oder?

Sibylle Engstrom: Nicht ausschließlich, aber zu etwa 90%. Ahorn ist schön hell und hat keine zu intensive Maserung. Bei Tierfiguren wäre das teilweise noch in Ordnung, aber bei Gesichtern für die menschlichen Figuren ist Maserung schwierig. Zudem hat Ahorn einen guten Härtegrad. Nicht so ein ganz hartes, fast schon kühl werdendes Holz, aber stabil genug, so dass man nicht gleich Macken verursacht, wenn es mal anschlägt, wie zum Beispiel beim Lindenholz. Für einige wenige Figuren nehmen wir Esche, wenn es ein kräftiger Ton sein darf oder die Figur die Maserung gut verträgt. Für unsere Burgteile nehmen wir dann noch die Erle, die einen wunderbar warmen Ton hat.

Bernhard Ehrmann: Und Sie kennen dann sicherlich auch Ihre Lieferanten gut?

Sibylle Engstrom: Ja, unser Hauptlieferant beliefert uns bereits seit über 25 Jahren. Wir versuchen, das Holz so regional wie möglich zu beziehen. Beim Massivholz ist das für uns kein Problem. Eine Zeitlang hatten wir mal ziemlich gehäuft Bruchprobleme, und die Bruchstellen selbst sahen auch ganz spröde aus. Wir sind dann von der Kammertrocknung, bei der das Holz sehr schnell runtergetrocknet wird, umgestiegen auf luftgetrocknetes Holz. Auch hierfür braucht es dann natürlich wieder mehr Zeit, nämlich ein ganzes Jahr Vorlauf. Aber das Ergebnis ist ein viel besseres.

"Es gibt Kulturen, die vertragen das eine oder das andere nicht. Diese Prozesse sind einfach etwas sehr Individuelles und Lebendiges."

Bernhard Ehrmann: Das erleben wir bei uns auch ähnlich. Wir stellen ja sogenannte Drogen her, also getrocknete Pflanzen. Da kann man mit 80 Grad rangehen, oder aber auch mit 37 Grad. Es gibt Kulturen, die vertragen das eine oder das andere nicht. Diese Prozesse sind einfach etwas sehr Individuelles und Lebendiges.

Sibylle Engstrom: Wir erleben diese ganz feinen Unterschiede zum Beispiel auch beim Bemalen der Figuren, das bei uns ja ebenfalls von Hand geschieht. Für einen Materialisten ist so ein Stück Holz etwas Totes, aber wir erleben im Tun den lebendigen Werkstoff Holz. Beim Bemalen reagiert das Holz, selbst bei gleicher Holzart, sehr unterschiedlich je nach Standort und Witterung, der der Baum ausgesetzt war. Das verlangt Einfühlungsvermögen und eine große Flexibilität von unseren Malerinnen, auch wenn sie sehr gut mit dem Pinsel umgehen können.

IM GEWÄCHSHAUS

Bernhard Ehrmann: Vielleicht gehen wir mal zum Vorwärmen ins Gewächshaus. Wie man sieht, ist es zweigeteilt. Der eine Teil hat um die 3 Grad, aber der andere liegt bei etwa 15 Grad. Weil es eben auch Kulturen gibt, die besonders empfindlich sind. Wie zum Beispiel dieser Kaktus hier – die Königin der Nacht.

Sibylle Engstrom: Der ist ja üppig und toll!

Bernhard Ehrmann: Ja, aber er hat auch dieses Schlangenhafte. Das Stachelige ist erstmal etwas, das nicht so ansprechend ist auf den ersten Blick. Aber wenn er erstmal blüht …

Wir sammeln das ganze Jahr über Samenstände und ziehen dann unsere Samen selbst, um die Qualität zu haben, die unseren Anforderungen entspricht. Mit einer Art Propeller trennen wir die Samen von diesem leichten Drumherum. Im Prinzip wie bei einem Mähdrescher. Das hier zum Beispiel ist die Küchenschelle.

Wir haben jetzt im Garten noch ein paar Wochen zu tun, aber dann darf der Garten auch mal für sich sein.

IM GÄRTNERHÄUSCHEN

Bernhard Ehrmann: Soll ich uns zum richtigen Aufwärmen mal den Ofen anmachen?

Sibylle Engstrom: Oh ja, sehr gerne!

Wo das Feuer gerade so schön entfacht ist, möchte ich noch einmal auf den Unterschied zwischen Natur und Kultur, also vom Menschen Geschaffenem, zu sprechen kommen. Es ist spannend, dass der Mensch ja in beidem lebt. Er ist körperlich gesehen durchaus auch ein Natur-Wesen, das von natürlichen Rhythmen wie Atmung, Blutkreislauf, Verdauung geprägt und getragen ist, aber er ist eben auch ein Kultur-Wesen, das ein seelisches, höchst individuelles Erleben hat und Bewusstsein bilden kann.

Und eben das zeigt sich dann auch im Spielen– dieser Unterschied zwischen Natur und Kultur. Es ist unglaublich wichtig, dass Kinder die Natur erleben dürfen und wenn sie dort spielen, genügt oft ein Stöckchen, das sie auf ihrem Weg oder im Wald finden. Sie brauchen dabei zunächst eigentlich kein Spielzeug. Aber vom Menschen geschaffene Kultur-Gegenstände – und dazu zähle ich unsere Spielsachen – vermitteln Kindern auch etwas sehr wichtiges, sie prägen den Kultur-Menschen. Was wir versuchen ist, den Kindern etwas zu geben, das durch das innere Erleben und die künstlerische Gestaltung eines Menschen geprägt worden ist. Wir stellen die Natur bzw. die Tiere wie gesagt nicht realistisch dar. Wir versuchen das, was man als Mensch seelisch am Tier erlebt und was besonders das Kind erlebt, ins Bild zu bringen. Ganz ähnlich haben das übrigens auch Künstler wie Franz Marc gemacht.

"Was wir versuchen ist, den Kindern etwas zu geben, das durch das innere Erleben und die künstlerische Gestaltung eines Menschen geprägt worden ist."

"Bei der Entwicklung von Heilmitteln ging es auch um das Erkennen dieses Wesenhaften. Weil es uns Aufschluss darüber gibt, welche Heilwirkung eine Pflanze in sich trägt."

Bernhard Ehrmann: Das ist wirklich ein schönes Bild – dieses Einfangen des Wesenhaften einer Figur. Wir arbeiten ja auch viel mit dem Wesenhaften. Natürlich ernten wir zuallererst Pflanzen. Aber wir ernten auch die Gestik und die Wesenheit einer Pflanze. Und es ist eben nicht egal, ob wir Blüte oder Blatt bei der Calendula oder beim Baldrian ernten. Das sind riesengroße Unterschiede, und das zeigt sich in diesem Wesenhaften. Bei der Entwicklung von Heilmitteln ging es auch um das Erkennen dieses Wesenhaften. Weil es uns Aufschluss darüber gibt, welche Heilwirkung eine Pflanze in sich trägt. Ich habe ja eine naturwissenschaftliche Universitätsausbildung genossen, und genau dieser Punkt ist für mich aber irgendwie logisch. Seit Tausenden von Jahren werden Pflanzen für Heilzwecke verwendet, und es gab damals weder eine Analytik, noch gab es Versuchsreihen. Aber es gab Erfahrungswerte, die man im Nachhinein im übrigen wiederum wissenschaftlich belegt. Meines Erachtens sieht man es den Pflanzen wirklich an, und wir üben uns darin.

Sibylle Engstrom: An Kindern kann man sehr schön die Fähigkeit beobachten, das Wesen einer Figur nicht nur zu erkennen, sondern ganz tief einzutauchen. Wenn ein Kind mit so einem Holztier, einer Holzfigur spielt, geht es ja ganz tief in dieses Wesen rein. In dem Moment fühlt es zum Beispiel die Gans. Oder einen Bären. Oder wie ein Ritter. Oft wird das auch in der Gestik und dem Tonfall deutlich. Und in diesem Einfühlen in die verschiedensten Wesensarten findet Empathiebildung statt. Und natürlich geschieht das auch, wenn Kinder Wald, Pflanzen und Garten erleben dürfen. Dabei haben sie eine solche Vielfalt von Erlebnissen, dass sich das eigene Wesen sehr reich ausbilden kann - weil dir die Dinge „nahekommen“.

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