Den Wärmeorganismus stärken - Wohlgefühl bei 37 Grad
Eine angenehme Raumtemperatur, aber auch eine „warme“ zwischenmenschliche Atmosphäre sind entscheidend für unser Befinden. Rolf Heine, Pflegedienstleiter der Onkologie in der Filderklinik, erklärt uns die verschiedenen Ebenen, auf denen eine gesunde Wärme von Bedeutung ist.
Text: Laura Krautkrämer
Das Thema Wärme spielt in der Anthroposophischen Medizin und auch in der Pflege eine wichtige Rolle. Warum?
Der Mensch fühlt sich in seiner spezifischen Körperwärme überhaupt erst als Mensch. Nur wenn wir eine Körpertemperatur von rund 37 Grad haben, fühlen wir uns wohl. Nicht nur physiologische Vorgänge wie unsere Atmung oder bestimmte Stoffwechselprozesse hängen mit der Wärme zusammen, sondern auch unser Bewusstsein: In der heißen Sauna fällt es schwer, philosophische Gesprä- che zu führen. Und in der Kälte eines Gletschers ist man vor allem mit dem eigenen Überleben beschäftigt. Unser Wärmehaushalt ist außerdem die Ausgangsbasis dafür, wie wir mit unserer Umgebung kommunizieren. Wir können warm auf die anderen zugehen, mit Sympathie. Je mehr ich dagegen auf mich selbst bezogen bin, desto kühler wirke ich auf andere. „Jemandem die kalte Schulter zeigen“ – diese Formulierung drückt eine solche Haltung bildlich aus.
Was bedeutet das für den Pflegealltag?
Da ist vor allem das Wohlbefinden der Patienten entscheidend. Ein gut temperiertes Zimmer, in dem die Patienten weder frösteln noch schwitzen – das ist die körperliche Seite. Es gibt aber auch seelische Aspekte: eine Umgebung zu schaffen, in der sich die Patienten nicht zurückziehen, sondern vertrauensvoll bewegen können. Der dritte Bereich betrifft innere, geistige Fragen. Ein Mensch, der Ziele vor Augen hat, etwa nach einer Operation schnell wieder mobil sein möchte, unterstützt engagiert den Heilungsprozess. Er entwickelt viel einfacher die nötige Wärme als jemand, der keinen Sinn in seinem Leben sieht.
Wie können wir unseren Wärmehaushalt bewusster im Blick behalten, was können wir für uns selbst tun?
Wenn man nicht gut auf den eigenen Wärmehaushalt achtgibt, kann man sich leicht erkälten. Wer zum Beispiel die „Nase voll hat“, konnte sich nicht gut abgrenzen oder hatte zu wenig „inneres Feuer“ – in solchen Fällen wird man nämlich anfällig für Einwirkungen von außen. Das Zauberwort in diesem Zusammenhang ist Interesse: Wenn wir uns in einer harmonischen Stimmung befinden und uns anderen Menschen öffnen, ohne uns selbst zu verlieren, dann ist das eine gute Grundvoraussetzung für einen gesunden Wärmehaushalt.
Den Wärmeorganismus stärken
Viele Menschen haben, vor allem in der kalten Jahreszeit, geradezu chronisch kalte Füße und Hände. Was kann man dagegen tun? Rolf Heine hat praktische Anregungen.
Kleidung
Unsere Kleidung kann eine wichtige Wärmehülle sein. Geeignet sind vor allem natürliche Materialien. An erster Stelle steht Schurwolle, aber auch Baumwolle und verschiedene Mischtextilien wie Wolle-Seide sind empfehlenswert. Synthetische Materialien dagegen „hüllen“ weniger ein und stauen oft die Wärme.
Bewegung
Jede Art von Bewegung sorgt für eine bessere Durchblutung und damit auch für Wärme. Am besten bauen wir sie in unseren Alltag ein: indem wir auf dem Weg zur Arbeit eine U-Bahn-Station früher aussteigen oder öfter zur Kollegin ins Nebenzimmer gehen, um etwas zu besprechen, statt nur eine E-Mail zu schreiben. Bewegung, die Spaß macht und sinnvoll ist, wärmt am besten!
Ernährung
Hilfreich sind regelmäßige und ausgewogene Mahlzeiten. Zuckerreiche Nahrung setzt zwar kurzfristig viel Energie frei und steigert die Immunabwehr, was übrigens auch akuter Stress tut. Doch mit dem bald folgenden Abfall des Blutzuckers entstehen auch Immundefizite – und damit steigt dann wieder die Anfälligkeit für Entzündungskrankheiten. Auch die Zusammensetzung der Nahrung ist von Bedeutung. Fette und Öle haben eine wärmende Wirkung. Auch viele Gewürze regen den Wärmehaushalt an. Ingwer, Kardamom und Pfeffer sind gerade in der kalten Jahreszeit ideal. Zitrusfrüchte wirken ebenfalls positiv. Wichtig dabei: möglichst voll ausgereifte Früchte essen!
Körperpflege
Ätherische Öle stimulieren den Wärmehaushalt. Besonders Rosmarin, Salbei und andere mediterrane Pflanzen mit einem hohen Anteil ätherischer Öle besitzen einen ausgeprägten Wärmecharakter. Waschungen am Morgen mit Präparaten, die diese Inhaltsstoffe enthalten, wirken stabilisierend. Wer richtig durchgefroren ist, kann sich in einem heißen, duftenden Bad entspannen.