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Biografiearbeit Teil 6: Welche Schätze schlummern im Keller eines Lebenshauses?

In jedem Lebenshaus gibt es nicht nur lichtdurchflutete Räume bis hoch unters Dach – unsere Serie hat sie Stock für Stock vorgestellt – sondern auch einen dunklen Keller. Dort warten Einmachgläser mit kostbaren Erinnerungen wie auch gut verschlossene Kisten voller Themen, die nicht ohne Grund jahrelang verdrängt wurden. Aber: Wer im Keller aufräumt, erschließt sich wertvolle Ressourcen, erläutert Susanne Hofmeister im Interview.

Das Lebenshaus

Susanne Hofmeister veranschaulicht die verschiedenen Lebensphasen mit Hilfe eines Hauses: 
+ Im Erdgeschoss liegen die Räume der Kindheit und Jugend
+ Der erste Stock ist für den Einstieg in Beruf und Familie eingerichtet
+ Die Lebensphase bis zum Ruhestand lässt sich gut in der zweiten Etage verbringen
+ Und für die Zeit danach wartet das gemütliche Dachgeschoss
+ Schließlich der Keller: der sollte im Laufe des Lebens immer wieder gesichtet werden

Wir stehen gemeinsam vor der Kellertreppe des Lebenshauses. Wann ist es an der Zeit, hinunterzugehen und aufzuräumen?

Das Gefühl, den Keller aufräumen zu müssen, meldet sich bei jedem Menschen irgendwann. Sie sollten diesem Gefühl nachgeben, denn dort unten schlummern Ihre ganz eigenen Ressourcen und Potenziale. Vielleicht wird Ihnen auch Ihr Lebensthema erst richtig deutlich, wenn Sie mit einer Taschenlampe die hintersten Ecken des Kellers erkunden. Typischerweise nutzen Sie die Kellertreppe in der ersten Lebenshälfte, um Themen einzulagern, und in der zweiten Lebenshälfte, um sich damit auseinanderzusetzen. Denn mit einem erwachsenen Ich lassen sich Zusammenhänge verstehen und die alten Schätze nutzen. Es ist immer ein gutes Gefühl, im eigenen Keller aufzuräumen und mit frei gewordener Energie die Treppe wieder emporzusteigen.“

„Der Keller ist eine Metapher für alles, was zunächst im Dunkeln liegt. Ab der Lebensmitte sollten wir uns diesen Themen stellen.“ Susanne Hofmeister

Wie geht das: unliebsame Themen in Ressourcen umzuwandeln?

„Das geht nicht von selbst, sondern erfordert Arbeit – zum Beispiel Biografiearbeit. Im Grunde ist es ein Sich-bewusst-Machen. Wenn ich mich zum Beispiel als Kind verlassen gefühlt habe, kann dieses Gefühl später an unpassender Stelle wieder auftauchen, etwa indem ich auf ein Kind eifersüchtig werde, das mein Partner aus einer früheren Beziehung mitbringt. Da kommt etwas hoch, das nicht zur aktuellen Situation passt. Ich habe jetzt die Chance, die alten Emotionen noch einmal zuzulassen, sie mir auch zuzugestehen und dann das Thema aus einer Erwachsenenperspektive anzuschauen.

Ich richte sozusagen Licht darauf und erkenne vielleicht sogar, dass eine besondere Fähigkeit mit dem Erlebnis in Verbindung steht. Im Falle des angesprochenen Verlassenheitsgefühls könnte das eine besondere Empathiefähigkeit für Kinder sein, die mich vielleicht sogar in einen pädagogischen oder therapeutischen Beruf gebracht hat. Um meine Einsamkeit für mich selbst zu behandeln, braucht es Mitgefühl und Verständnis für mich selbst, oft auch professionelle Hilfe. Zu erkennen, dass ich mir durch meine kindliche Einsamkeit eine besondere Kompetenz erworben habe, schenkt Trost und Lebenszuversicht.

Ich finde das immer sehr spannend, wenn sich die Vergangenheit mit der Zukunft verknüpft und plötzlich ein neuer Sinn erscheint.“

Sollte ich allein in den Keller steigen oder lieber jemanden mitnehmen?

„Ich kann mir zunächst alleine einen Überblick verschaffen, was im Keller auf mich wartet, und mir vielleicht eine kleine Kiste mit nach oben nehmen. Ein Buch über Biografiearbeit, die Schwester oder ein guter Freund sind dann Unterstützung genug. Wenn ich aber merke, dass mein Keller traumatische Erinnerungen enthält, sollte ich mir eine professionelle Begleitung organisieren. Das kann jemand sein, der therapeutisch arbeitet oder der Erfahrung mit Biografiearbeit hat

Das Ziel ist vor allem, den Keller zu sichten und zu ordnen. Nicht alle Kisten müssen sofort ausgepackt werden, manche dürfen auch – ordentlich beschriftet – vorerst unten stehen bleiben. Die nehme ich mir vor, wenn ich soweit bin. Es ist schon ganz viel geschafft, wenn ich keine Angst mehr vor der Dunkelheit habe.“

„Jeder ist ein Mond und hat eine dunkle Seite, die er niemandem zeigt.“ Mark Twain

Ist aufräumen eigentlich auch für meine Gesundheit gut?

„Ja. Denn die Kellerthemen, die ich bearbeite, werden zu Kraftquellen und stärken ganz generell meine Gesundheitskräfte. Auch Krankheiten, deren Sinn wir verstehen, können Heilung auf einem höheren Niveau ermöglichen. Umgekehrt haben ungelöste Kellerthemen einen Bezug zu Depressionen, psychosomatischen Beschwerden oder Burn-out. Die beste Burn-out-Prophylaxe beginnt übrigens bereits im jungen Erwachsenenalter, in unseren Zwanzigern. Durch die für diese Lebensphase typische Offenheit, Abenteuerlust, Kreativität und Empfindsamkeit legen wir Vorräte an, die uns später vor Überlastung schützen.“ 

In welchem Alter lohnt sich das Aufräumen nicht mehr?

„Es ist nie zu spät. Das Erkennen von Zusammenhängen kann immer ein Trost sein, kann mir auch im hohen Alter oder bei einer fortgeschrittenen Erkrankung Kraft geben. Wenn ich mein Leitmotiv entdecke, wenn ich begreife, warum ich auf der Welt bin, kann ich auch zufrieden sterben.“

„Was habe ich, was die Welt brauchen kann? Diese Frage führt zu meinem Selbst.“ Susanne Hofmeister

Auf der Suche nach dem Selbst

Im Laufe des Lebens machen wir uns viele Gedanken über die Beziehungen zu anderen Menschen. Aber selten fragen wir uns: Wie ist eigentlich meine Beziehung zu mir selbst?

In der Kindheit waren es unsere Eltern und andere nahe Bezugspersonen, die mit ihrer Liebe unser Selbstwertgefühl gestärkt haben. Aber sind wir wirklich um unser selbst willen geliebt worden oder vor allem deshalb, weil wir erwünschte Leistungen erbracht haben? So oder so werden wir als Erwachsene mit einer entsprechenden Haltung uns selbst gegenüber durchs Leben gehen. Oft dauert es lange, bis wir merken, wie abhängig wir vom Lob anderer geworden sind. Es sei denn, wir entdecken, dass die Pflege einer starken Selbstbeziehung längst in unserer eigenen Hand liegt. „Zu lernen, bewusst die Verantwortung für den eigenen Selbstwert in die Hand zu nehmen, ist“, so Susanne Hofmeister, „eine der wesentlichen Voraussetzungen unserer Zeit für ein authentisches, erfolgreiches und erfülltes Leben. Dies wiederum hat einen direkten, stärkenden Zusammenhang mit unserer Gesundheit, wie die Erkenntnisse aus der Psychoneuroimmunologie zeigen."

Susanne Hofmeister
Sie ist promovierte Ärztin für anthroposophische Medizin und arbeitet als Coach mit ihrer eigenen Methode, der „Biographiearbeit im Lebenshaus®“. Dabei liegt ihr Fokus auf einem freudevollen Älterwerden. Susanne Hofmeister begleitet einzelne Menschen und bietet Fortbildungen für Expertinnen und Experten an, die dann das biografische Arbeiten einsetzen können, um sich und anderen neue Kraftquellen zu erschließen. Hier geht es zu ihrer Website.

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